Mukoviszidose: Mehr Säure in der Lunge begünstigt Infektion

Im Tierversuch stärkte eine Normalisierung des pH-Wertes die natürliche Bakterienabwehr
Iowa City (USA) - Mit der Atemluft gelangen stets auch geringe Mengen an Bakterien in die Lungen. Mukoviszidose-Patienten können diese Mikroben nicht effektiv abtöten, so dass sich lebensbedrohliche Infektionen entwickeln. Amerikanische Forscher konnten jetzt bei Schweinen den Grund dafür nachweisen. Sie fanden heraus, dass ein sinkender pH-Wert – also eine Ansäuerung – dabei eine entscheidende Rolle spielt. Im Vergleich zu gesunden Tieren lag der pH des Flüssigkeitsfilms in den Atemwegen Mukoviszidose-kranker Schweine stärker im sauren Bereich. Das führte dazu, dass Bakterien nicht mehr vollständig abgetötet wurden. Eine Erhöhung des pH-Wertes stellte den Normalzustand bei der Mikrobenabwehr wieder her. Möglicherweise lässt sich durch ein geeignetes Inhalationsmittel auch bei Mukoviszidose-Patienten eine Lungeninfektion verhindern, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal „Nature“.

„Unsere Arbeit erklärt, warum ein defektes Ionenkanalprotein das Abtöten von Bakterien verringert und die Immunabwehr in den Atemwegen schwächt“, sagt Xiao Xiao Tang von der University of Iowa aus dem Forscherteam von Joseph Zabner und Michael Welsh. Mukoviszidose – auch zystische Fibrose genannt – beruht auf einer Genmutation, die den Transport von Chlorid-Ionen durch die Zellmembran stört. Der Gendefekt wirkt sich aber auch auf den normalen Transport von Bicarbonat-Ionen aus. Dadurch verändert sich der pH-Wert, stellten die Wissenschaftler nun fest. Für ihre Experimente hatten sie genetisch veränderte Schweine erzeugt, die im Gegensatz zu Mäusen ganz ähnliche Krankheitssymptome entwickeln wie kranke Menschen. Um den Beginn einer Infektion zu untersuchen und den Einfluss späterer Gewebeveränderungen auszuschließen, arbeiteten sie mit neugeborenen Tieren.

Der pH-Wert im Flüssigkeitsfilm der Atemwege war bei diesen Tieren niedriger als bei gesunden Schweinen. Staphylokokken, die mit einer speziellen Technik auf das Lungengewebe platziert wurden, starben bei gesunden Tieren schon nach 30 Sekunden vollständig ab. Bei kranken Schweinen überlebte die Hälfte der Mikroben. Die schnelle Keimabtötung beruht wahrscheinlich auf antimikrobiellen Proteinen, die von Lungenzellen freigesetzt werden und bei saurem pH weniger wirksam sind. Tatsächlich schwächte ein Absenken des pH-Wertes in den Atemwegen die Mikrobenabwehr auch bei gesunden Schweinen. Schließlich erhöhten die Forscher den pH, indem sie die Mukoviszidose-Schweine ein Bicarbonat-haltiges Aerosol einatmen ließen. Danach war die Abwehr der Bakterien genauso effektiv wie bei gesunden Tieren. Ob eine solche Form der Behandlung eine wirksame und auch sichere Methode für die Therapie von Patienten wäre, lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilen, sagt Zabner. Er hält es aber für möglich, dass eine Erhöhung des pH-Wertes in den Lungen nicht nur bei Mukoviszidose helfen, sondern auch in anderen Fällen Lungeninfektionen verhindern oder bekämpfen könnte.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: „Reduced airway surface pH impairs bacterial killing in the porcine cystic fibrosis lung“, Alejandro A. Pezzulo et al.; Nature, DOI: 10.1038/nature11130


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg