Lieber übers rechte Ohr
"Unsere Studien untermauern die Idee einer gemeinsamen Abstammung des lateralisierten Verhaltens von Menschen und anderen Spezies bei sozialen Interaktionen. Dies trifft nicht nur auf die artenspezifische verbale Kommunikation, sondern auch auf die affektiven Antworten zu", schreiben Luca Tommasi und Daniele Marzoli von der Universität "Gabriele d'Annunzio" in Chieti. Schon zuvor war bekannt, dass das rechte Ohr der Menschen bei der Wahrnehmung verbaler Reize dominiert. Es wird angenommen, dass dies die Dominanz der linken Gehirnhälfte bei der Verarbeitung verbaler Informationen widerspiegelt. Allerdings konnten Forscher bisher nur auf kontrollierte Laborstudien zurückgreifen.
Tommasi und Marzoli hingegen beobachteten das Verhalten der Menschen im Alltag. In insgesamt drei Studien vor und in Nachtklubs, wo das Hören in lauter Umgebung oft schwer fällt, untersuchten die Forscher das Sozialverhalten in Bezug auf die Ohren. Zunächst beobachteten sie 286 Clubbesucher beim Unterhalten vor lauter Hintergrundmusik: 72 Prozent der Kommunikation lief über die rechte Körperseite der Zuhörer. Dann sprachen die Wissenschaftler 160 Clubbesucher mit nicht verständlichem Gemurmel an und notierten, welches Ohr die Testpersonen zum besseren Verstehen anboten: Zum Nach-Horchen wandten 58 Prozent ihr rechtes Ohr zu, 42 Prozent das linke. Betrachtet man nur die Frauen, dann zeigte die große Mehrheit eine Rechts-Präferenz. Im dritten Schritt baten die Forscher 176 Clubbesucher gezielt am rechten bzw. am linken Ohr um eine Zigarette: Im ersten Fall erhielten sie deutlich mehr Zigaretten, berichten Tommasi und Marzoli. Ihrer Aussage nach bestätigen diese Ergebnisse insgesamt eine Präferenz des rechten Ohrs bzw. der linken Gehirnhälfte bei der verbalen Kommunikation. Ebenso zeige sich eine deutliche Spezialisierung beider Gehirnhälften beim Annäherungs- bzw. beim Vermeidungsverhalten.