Kombination von Wirkstoffen tötet Bakterien besser ab

Ein zusätzliches Medikament oder ein Aromastoff wie Vanillin kann die Effektivität von Antibiotika gegen resistente Keime verstärken
Durch Kombination eines Antibiotikums mit einem anderen Wirkstoff verändert sich die antibakterielle Wirksamkeit.
Durch Kombination eines Antibiotikums mit einem anderen Wirkstoff verändert sich die antibakterielle Wirksamkeit.
© Aleksandra Krolik/EMBL
Heidelberg - Die Wirksamkeit von Antibiotika gegen Infektionserreger lässt nach, da sich zunehmend resistente Bakterien ausbreiten. Doch der kombinierte Einsatz dieser Mittel mit anderen Medikamenten oder Nahrungszusatzstoffen kann die antibakterielle Wirkung wieder erhöhen, berichten Heidelberger Forscher im Journal „Nature“. Erstmals untersuchten sie in einem umfangreichen Screening, wie sich der wachstumshemmende Effekt verschiedener Antibiotika durch Kombination mit anderen Wirkstoffen verändert. Während die meisten Testsubstanzen die antibiotische Wirkung abschwächten, hatten andere einen verstärkenden Effekt. So erhöhte der Vanille-Aromastoff Vanillin die ansonsten nur sehr schwache Wirkung des Antibiotikums Spectinomycin auf multiresistente E. coli-Bakterien. Ob einige der kombiniert eingesetzten Wirkstoffe für eine Therapie geeignet sind, müssen klinische Studien noch zeigen.

„Die Auswirkungen dieser Wirkstoffkombinationen sind hoch selektiv, oft auf wenige Bakterienarten beschränkt“, sagt Athanasios Typas vom European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg. „In Zukunft könnten wir daher auch Kombinationstherapien einsetzen, um nützliche Bakterien vor einer Schädigung durch Antibiotika zu schützen.“ In ihren Versuchsreihen gaben die Forscher jeweils ein Antibiotikum zusammen mit einem anderen Wirkstoff in unterschiedlichen Konzentrationen zu Laborkulturen von Bakterien. Sie testeten jeweils zwei Stämme von E. coli, Salmonella Typhimurium und Pseudomonas aeruginosa, medizinisch wichtige Bakterienarten, die oft Resistenzen entwickeln. Sämtliche der 79 geprüften Substanzen zeigten positive oder negative Effekte bei mindestens einem Teststamm. Zu diesen Substanzen zählten neben Antibiotika unter anderem Medikamente wie Metformin, Aspirin, Diclofenac, das Durchfallmittel Loperamid und ein lokales Betäubungsmittel sowie Curcumin und Vanillin. Für fast 3000 Wirkstoffkombinationen registrierten die Biologen das Bakterienwachstum im Vergleich zu Kulturen ohne Zusatz.

In mehr als 500 Fällen verstärkte die Testsubstanz die hemmende Wirkung eines Antibiotikums, doch meistens schwächte sie diese ab. Bestimmte Kombinationen wirkten nur auf eine der drei Bakterienarten, manche sogar nur auf einen Stamm einer Art. Auch in zusätzlichen Labortests mit multiresistenten Keimen von E. coli und Klebsiella pneumoniae fanden die Forscher effektive Wirkstoffkombinationen. Unter anderem verstärkte Vanillin die Wirkung des Antibiotikums Spectinomycin gegen E.coli. „Das war eine der effektivsten und vielversprechendsten Synergien, die wir entdeckt haben“, sagt Erstautorin Ana Rita Brochado. Der gleichzeitige Einsatz von Colistin und Clarithromycin erwies sich gegen Klebsiellen als wirksam, die resistent gegen Colistin allein waren.

Die Wirkmechanismen sind im Einzelnen noch nicht aufgeklärt. Sie beruhen oft darauf, dass die Testsubstanz den Eintritt des Antibiotikums in die Bakterienzelle erleichtern oder verhindern kann, was den synergistischen oder antagonistischen Effekt verursacht. Weitere Forschungsarbeiten könnten es ermöglichen, einen bestimmten Erreger selektiv abzutöten, ohne andere Bakterien zu schädigen. „Das würde auch die Entwicklung resistenter Bakterien erschweren“, sagt Typas. Die in dieser Arbeit ausgewählten Wirkstoffe sind für den Menschen unbedenklich oder bereits als Medikament zugelassen. Das dürfte den Beginn klinischer Studien beschleunigen.

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