Körpereigene Stammzellen machen Chemotherapie unwirksam
"Wir haben gezeigt, dass der Körper Substanzen ins Blut freisetzt, die wirksam genug sind, um den Erfolg einer Chemotherapie zu verhindern", sagt Emile Voest vom Universitärmedizinischen Centrum Utrecht. Es ist bekannt, dass wachsende Tumoren Stammzellen anlocken, die aus dem Knochenmark stammen und mit dem Blut zu den Tumoren gelangen. Dort bilden sie Signalstoffe, die das Krebswachstum fördern. Voest und seine Kollegen konnten nun nachweisen, dass Stammzellen dem Tumor noch auf andere Weise nutzen. Sie produzieren bei einer Behandlung mit platinhaltigen Krebsmitteln wie Cisplatin, Oxaliplatin oder Carboplatin zwei spezielle Arten mehrfach ungesättigter Fettsäuren, die Tumorzellen vor verschiedenen Krebsmitteln schützen. Bei Mäusen, denen Tumoren verpflanzt worden waren, blieben unterschiedliche Chemotherapien nach einer Vorbehandlung mit gereinigten Präparaten dieser Fettsäuren unwirksam. Andere mehrfach ungesättigte Fettsäuren hatten keine Wirkung.
Cisplatin regte auch menschliche Stammzellen aus dem Blut von Patienten dazu an, die beiden Fettsäuren freizusetzen. Daher seien die Ergebnisse der Tierversuche wahrscheinlich auf den Menschen übertragbar, vermuten die Forscher. Sie konnten die Fettsäuren auch als Bestandteile von Algenextrakten und einiger Fischölpräparate nachweisen, die Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren enthalten. Diese Nahrungsergänzungsmittel werden häufig wegen ihrer gesundheitsfördernden Eigenschaften von Krebspatienten genutzt. "Bis weitere Forschungsergebnisse vorliegen, empfehlen wir, dass solche Produkte von Menschen, die mit einer Chemotherapie behandelt werden, nicht eingenommen werden sollten", warnt Voest. In Versuchen mit Stammzellen von Mäusen konnten die Wissenschaftler die Produktion der Fettsäuren durch Hemmstoffe verhindern, so dass der Tumorschutzeffekt nach Cisplatinbehandlung ausblieb. Der kombinierte Einsatz solcher Hemmstoffe könnte die Wirksamkeit von Chemotherapien verstärken.