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Dohlen interpretieren menschliche Blicke und verstehen sogar Gesten
Cambridge (Großbritannien) - Wer sich beobachtet fühlt, ändert mitunter sein Verhalten. Das gilt auch für Dohlen, haben britische Zoologen bei von Hand aufgezogenen Tieren beobachtet. Die mit Raben und Krähen verwandten Vögel reagieren unter den wachsamen Augen eines menschlichen Beobachters anders - etwa dann, wenn sie sich einen Leckerbissen schnappen wollen. Außerdem sind sie in der Lage, Gesten zu interpretieren, berichten die Forscher im Fachblatt "Current Biology". Im Gegensatz zu den meisten anderen Vögeln besitzen Dohlen recht menschenähnliche Augen mit einer von einer silbrigweißen Iris umgebenen dunklen Pupille. Die Biologen vermuten daher, dass Augen bei diesen Vögeln ein zentrales Mittel zur Kommunikation untereinander sein könnten und sie somit auch menschliche Blicke leichter deuten können.

"Dohlen scheinen die Augenbewegungen visueller Wahrnehmung erkennen zu können oder zumindest sehr sensibel dafür zu sein, wie menschliche Augen orientiert sind", erläutert Auguste von Bayern, die zurzeit der Studie an der University of Cambridge arbeitete, mittlerweile aber an der University of Oxford ist. Die Zoologin und ihre Kollegen präsentierten von Hand aufgezogenen Dohlen Leckerbissen und beobachteten deren Verhalten. Die Vögel nahmen sich deutlich länger Zeit, sich an die Belohnung heranzuwagen, wenn die Augen eines ihnen fremden Anwesenden auf das Fressen gerichtet waren als wenn die betreffende Person bei gleicher Kopfstellung wegschaute. Sie zögerten aber nur dann, wenn ihnen dieser Mensch unbekannt war und demnach eine mögliche Gefahr darstellte.

Mit diesem Verhalten haben Dohlen sogar Schimpansen und Hunden etwas voraus, die eher andere Hinweise wie die grobe Orientierung von Kopf oder Körper zu nutzen scheinen, um die Blickrichtung zu bestimmen, nicht aber die Ausrichtung der Augen selbst. Darüber hinaus waren die Dohlen in der Lage, menschliche Kommunikationsgesten zu interpretieren - etwa einen Wechsel der Blickrichtung und einen Fingerzeig, die beim Finden eines versteckten Leckerbissens unterstützten. Statische Hinweise wie Augen- oder Kopfausrichtung allein halfen ihnen in dem Zusammenhang nicht.

Die von Hand aufgezogenen Dohlen könnten allerdings sensibler als Wildtiere darin sein, menschliche Blicke und Gesten zu beachten, besonders von den Personen, die sie von klein auf kennen. Dennoch legen die Ergebnisse nahe, dass Vögel mitunter weit ausgeprägtere mentale Fähigkeiten haben als bislang angenommen. "Wir haben die psychologischen Bereiche von Vögeln möglicherweise unterschätzt", sagt von Bayern. "Wie viele andere Vögel bilden Dohlen lebenslange Paare und müssen sich eng mit ihrem Partner abstimmen und mit ihm zusammenarbeiten." Dies benötigt einen effizienten Weg zur Kommunikation und Sensibilität gegenüber der Perspektive des Partners.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Report: Jackdaws Respond to Human Attentional States and Communicative Cues in Different Contexts", von Bayern et al.; Current Biology (DOI 10.1016/j.cub.2009.02.062)


 

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