Je wärmer das Nest, desto klüger die Eidechsen

Höhere Temperaturen während der Ei-Entwicklung verbessern die Lernfähigkeit der Jungtiere
Sydney (Australien) - Bei der Entwicklung von Reptilieneiern beeinflusst die Temperatur Geschlecht und Körpergewicht der geschlüpften Tiere. Jetzt haben australische Forscher bei Eidechsen festgestellt, dass auch die Lernfähigkeit von der Nesttemperatur abhängt: Je wärmer das Nest war, desto schneller lernten weibliche und männliche Jungtiere, bei Gefahr ein Versteck zu finden. Das bedeutet, dass sich die Ortswahl bei der Eiablage, aber auch Klimaveränderungen auf die geistigen Fähigkeiten von Eidechsen stärker auswirken als bisher gedacht, schreiben die Biologen im Fachblatt „Biology Letters“.

„Besseres Lernvermögen könnte die Reaktionen auf veränderte Umwelteinflüsse erleichtern und so die Überlebenschancen vergrößern“, erklären Joshua Amiel and Richard Shine von der University of Sydney. Es sei anzunehmen, dass das nicht nur auf die von ihnen untersuchte Eidechsenart Bassiana duperreyi aus der Familie der Skinke zutrifft, so die Forscher. Sie sammelten frisch gelegte Eier der Reptilien und lagerten einen Teil davon im Labor bei 16 Grad Celsius, den anderen Teil bei 22 Grad. Ein bis vier Monate nach dem Schlüpfen testeten sie das Fluchtverhalten aller Tiere bei 24 Grad. Dazu sollten die Eidechsen lernen, nach einer Bedrohung – dem Berühren des Schwanzes – eine umgedrehte Plastikschale mit einer Öffnung als Versteck zu nutzen. In der Nähe befand sich aber eine zweite Schale ohne Öffnung, die zum Verstecken ungeeignet war. Jedes Tier wurde vier Tage lang viermal täglich getestet. Im Verlauf dieser 16 Versuche ließ sich dann die Lernleistung daran ablesen, wie stark sich die Erfolgsquote bei der Wahl der richtigen Schale erhöhte.

Die Jungtiere aus den warmen Nestern erzielten deutlich bessere Ergebnisse als die aus den kalten. Dieses Resultat war unabhängig von Geschlecht, Körpergröße und Bewegungsaktivität. Möglicherweise, schreiben die Forscher, führt eine erhöhte Nesttemperatur während der Eientwicklung zu einer veränderten Hormonproduktion und beeinflusst dadurch die Entwicklung des Gehirns. Ob der Unterschied im Lernvermögen nur vorübergehend oder dauerhaft ist, ist noch ungeklärt. Auch ob eine geringe Lernfähigkeit mit der Zeit durch verstärkte Entwicklung anderer Eigenschaften wie höhere Aufmerksamkeit oder schnellere Fluchtgeschwindigkeit ausgeglichen werden kann, wissen die Forscher noch nicht.

Die Klimaerwärmung könnte sich auf zweierlei Weise auf die Eidechsen auswirken und schon ausgewirkt haben: Einerseits stellen steigende Temperaturen die Reptilien vor neue Herausvorderungen, die sie meistern müssen. Andererseits beschleunigt sich dadurch gleichzeitig das Lernen und verbessert so ihre Fähigkeit zur Anpassung. Weitere Versuche sind nötig, um die Vermutung zu bestätigen, dass sich durch höhere Temperaturen im Nest auch tatsächlich die biologische Fitness verbessert.

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Quelle: „Hotter nests produce smarter young lizards“, Joshua J. Amiel & Richard Shine, Biology Letters, doi: 10.1098/rsbl.2011.1161


 

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