Flughuhn als Wasserspeicher

Mikrostrukturen an den Bauchfedern der Vögel formen winzige Röhrchen, in denen Wasser selbst über längere Flugstrecken gespeichert werden kann
Mikrostrukturen an den Bauchfedern eines Flughuhns
Mikrostrukturen an den Bauchfedern eines Flughuhns
© Johns Hopkins University
Baltimore (USA) - Vögel schützen sich mit ihrem Wasser abweisenden Federkleid vor durchdringender Nässe. Genau das Gegenteil praktiziert das Nama-Flughuhn im südlichen Afrika. Mit seinen Bauchfedern kann der Vogel rund 25 Milliliter Wasser – etwa 15 Prozent seines Körpergewichts – speichern und mit geringen Verlusten über Kilometer weite Strecken zu seinem Nest transportieren. Verantwortlich dafür sich pfiffige Mikrostrukturen entlang der Federn, die nun amerikanische Forschende exakt untersucht haben. Wie sie in der Fachzeitschrift „Journal of The Royal Society Interface“ berichten, könnten diese Strukturen auch in ariden Gebieten für das Wassersammeln aus Tau und neuartige Flaschen genutzt werden.

„Es ist sehr faszinierend, wie die Natur solche Strukturen für eine perfekt effiziente Aufnahme und Speicherung von Wasser hervorbringt“, sagt Jochen Müller von der Johns Hopkins University in Baltimore. Gemeinsam mit seiner Kollegin Lorna J. Gibson vom Massachusetts Institut of Technology untersuchte er die Bauchfedern eines männlichen Nama-Flughuhns (Pterocles namaqua) aus der zoologischen Sammlung der Harvard University im trockenden und nassen Zustand. Dabei nutzten sie neben einem Lichtmikroskop auch ein Rasterelektronenmikroskop, Computertomografie und dreidimensionale Videoaufnahmen.

Diese Analysen zeigten, dass Mikrometer feine Widerhaken entlang des Federschafts für die effiziente Aufnahme und Speicherung von Wasser verantwortlich waren. Am unteren Ende der Feder formen diese Widerhaken winzige 60 bis 90 Mikrometer durchmessende Röhrchen. In diesen wird das Wasser über Kapillarkräfte aufgenommen und gehalten. Am oberen Federende verändert sich die Form der Widerhaken. Dort verwinden sie sich im feuchten Zustand zu einer Art Verschlusskappe, die einen großen Verlust des gespeicherten Wassers selbst auf einem längeren Flug verhindert.

Das Nama-Flughuhn kann so mehr als die Hälfte des gespeicherten Wassers während eines halbstündigen Flugs bei Geschwindigkeiten von bis zu 60 Kilometern pro Stunde festhalten. So kann es in den trockenden Regionen im südlichen Afrika Wasser aus Wasserlöchern aufnehmen und zu seinem viele Kilometern entfernten Nest transportieren. Damit vermeidet der Vogel Nistplätze in der Nähe eines Wasserlochs, das zahlreiche Tiere und darunter auch Fressfeinde des Vogels anlockt.

Auf der Grundlage ihrer Entschlüsselung der ausgeklügelten Flughuhn-Federn können sich Müller und Gibson auch bionische Anwendungen vorstellen. So ließen sich diese Strukturen in Wüsten für eine effizientere Wassergewinnung aus morgendlichem Tau nutzen. Die Forschenden halten aber auch Wasserflaschen oder -beutel für Sportläufer für möglich, in denen das Wasser dank der Mikrostrukturen auf der Innenseite bei Bewegungen weniger stark hin und her schwappt. Dazu planen sie derzeit Versuche, diese Flughuhnfeder-Strukturen mit 3D-Druckern nachzubauen.

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