Doppelwirkung: AIDS-Medikament wirkt auch gegen Staphylokokken
“Eine Blockade des Toxins durch Maraviroc oder ähnliche Medikamente könnte das Immunsystem dabei unterstützen, eine Staphylokokken-Infektion besser zu kontrollieren“, sagt Victor Torres von der New York University. Einige Typen von Staphylococcus aureus können lebensbedrohliche Infektionen auslösen, wenn sie in das Innere des Körpers gelangen. Dabei setzen sie sogenannte Leukotoxine frei, die sich zunächst an Rezeptorproteine von bestimmten Immunzellen anlagern und dann die Zellhülle durchlöchern. Durch das Abtöten dieser Zellen schwächen die Bakterien die Immunabwehr und ermöglichen ihre Vermehrung. Torres und seine Kollegen wollten nun die Andockstellen der Leukotoxine identifizieren.
Experimente mit Zellkulturen ergaben, dass das Toxin LukED nur solche Zellen zerstören konnte, die an ihrer Oberfläche das Rezeptorprotein CCR5 bildeten. Das ist auch einer der Rezeptoren, die HI-Viren nutzen, um in ihre Wirtszellen einzudringen. Normalerweise hat das Protein CCR5 die Funktion, spezielle Botenstoffe zu binden, die Reaktionen im Zellinnern auslösen. Unter den Medikamenten für HIV-Infizierte gibt es auch solche, die den CCR5-Rezeptor blockieren und so das Andocken der Viren verhindern. So konnten die Forscher mit dem bereits zugelassenen Mittel Maraviroc Immunzellen vor der tödlichen Wirkung des Leukotoxins schützen. Dazu genügte eine ähnliche Dosis, wie sie auch gegen HI-Viren eingesetzt wird.
Schließlich bestätigten Tierversuche die Bedeutung des CCR5-Rezeptors für den Verlauf einer Staphylokokken-Infektion: Genetisch veränderte Mäuse, die dieses Protein nicht mehr bilden konnten, überlebten eine Infektion mit den toxinbildenden Bakterien, während fast alle normalen Mäuse starben. Klinische Studien sollen nun prüfen, wie wirksam der Einsatz von Maraviroc und anderer CCR5-Hemmer bei einer schweren Infektion mit Staphylococcus aureus ist.