Codewort „Fütter mich!“

Mit einem einzigartigen Ruf schützt sich ein australischer Singvogel vor Kuckuckskindern – Ertönt ein falsches Passwort, geben die Eltern das Nest auf
Der Prachtstaffelschwanz schützt sich mit einem Passwort vor Brutparasiten.
Der Prachtstaffelschwanz schützt sich mit einem Passwort vor Brutparasiten.
© Colombelli-Negrel et al., Current Biology
Adelaide (Australien) - Wie alle Vogelbabys betteln auch frisch geschlüpfte Prachtstaffelschwänze vehement nach Futter. Doch erfolgreich ist ihr Flehen nur dann, wenn sie auch das korrekte Passwort nennen, haben australische Biologen bei den kleinen Singvögeln beobachtet. Diesen einzelnen einzigartigen Ton erlernen die Vögelchen noch als Embryo im Ei, indem die Mutter ihn wiederholt vorsingt, berichten sie im Fachblatt „Current Biology“. Ihrem Männchen und eventuellen anderen an der Brutpflege beteiligten Artgenossen bringen die Vogelmütter das Codewort ebenfalls bei. Und auch diese füttern nur, wenn sie – in den Bettelrufen eingebettet – den richtigen Ruf vernehmen. Mit dieser Methode schützen sich die australischen Vögel vor Brutparasiten wie dem Rotschwanzkuckuck.

„Eltern und andere, die die Küken betreuen, werden sie nur füttern, wenn ihre Bettelrufe das gelernte Passwort enthalten“, erläutert Sonia Kleindorfer von der Flinders University. Singen die Vogelbabys aber falsch, ist die Reaktion radikal – das Nest wird verlassen und ein neuer Versuch unternommen. Gemeinsam mit weiteren Biologen aus Österreich und den USA hatten Kleindorfer und ihre Kollegin Diane Colombelli-Négrel Nester des Prachtstaffelschwanzes (Malurus cyaneus) beobachtet. Im Grunde waren sie bei der Beobachtung von Nest-Räubern über ein Verhalten der Prachtstaffelschwänze gestolpert, das sie stutzig machte: Die Mütter sangen den ungeschlüpften Eiern etwas vor. Dem gingen die Forscher näher auf den Grund, indem sie nicht nur Ton- sowie Videoaufzeichnungen machten, sondern bei einigen Nestern auch die Eier kurz nach dem Legen vertauschten. Dann untersuchten sie die Rufe der Mütter und die Bettelrufe der Küken sowie das Verhalten der Vogelfamilien und ihrer Helfer.

Sie stellten fest, dass ein bestimmtes Element in dem Gesang eines jeden Weibchens sich von dem entsprechenden Element bei allen anderen Weibchen unterscheidet. Die Kleinen stoßen nach dem Schlüpfen stets Rufe aus, die zu denen passen, die sie auch im Ei gehört hatten. Bei vertauschten Eiern ähneln die Laute demnach denen der Pflegemutter, nicht denen der biologischen Mutter. Das einzigartige Element, das jedes Weibchen in seinen Gesang während des Brütens einbaut, stellt demnach die Basis für die Bettelrufe der Kleinen dar. Und diese sind nicht angeboren, sondern erlernt, wie die Tauschexperimente belegen.

Wie essenziell dieser erlernte Ruf ist, konnten die Biologen mit weiteren Experimenten zeigen, in denen sie den Vogeleltern und Bruthelfern über einen Lautsprecher unter dem Nest falsche Bettelrufe vorspielten. Das falsche Passwort veranlasste die Vögel dazu, nicht weiter zu füttern und das Nest zu verlassen. Auf diese Weise schützen sich die Prachtstaffelschwänze davor, ihre Energien auf die Aufzucht von Kuckuckskindern zu verschwenden. Rotschwanzkuckuck-Küken sind zwar prinzipiell in der Lage, die Rufe der anderen Küken zu imitieren, aber dazu brauchen sie etwas Zeit. Das Timing der Mutter bewirkt, dass eigene Küken im Ei den Passwort-Gesang etwa fünf Tage lang zu hören bekommen. Kuckuckseier dagegen sind dem nur für etwa zwei Tage ausgesetzt. Daher hat der junge Kuckuck noch aufzuholen, bis er die richtigen Laute findet. Diese Zeit reicht den Eltern meist aus, den Parasitenbefall zu erkennen und das Nest frühzeitig zu verlassen.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: „Embryonic Learning of Vocal Passwords in Superb Fairy-Wrens Reveals Intruder Cuckoo Nestlings”, Sonia Kleindorfer et al.; Current Biology, http://dx.doi.org/10.1016/j.cub.2012.09.025


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg