Bestätigt: Sexualhormone bestimmen die Länge des Ringfingers

Die Hormonspiegel während der Entwicklung des Embryos sind für das Längenverhältnis von Ring- und Zeigefinger verantwortlich
Die Erschaffung Adams von Michelangelo Buonarroti
Die Erschaffung Adams von Michelangelo Buonarroti
© Wikimedia Commons (gemeinfrei)
Gainesville (USA) - Bei Männern ist der Ringfinger länger als der Zeigefinger, bei Frauen nicht. Jetzt haben US-amerikanische Forscher die Vermutung bestätigt, dass Sexualhormone das Wachstum der Fingerlängen von Embryonen im Mutterleib beeinflussen. In Experimenten mit Mäusen konnten sie direkt nachweisen, dass ein hoher Testosteronspiegel während der Fingerentwicklung das Wachstum des vierten Fingers verstärkt, während Östrogene einen hemmenden Einfluss haben. Ein ungewöhnliches Längenverhältnis der beiden Finger könnte daher auch ein Hinweis auf bestimmte Entwicklungsstörungen sein, die sich auf Krankheitsrisiken und Verhalten des Erwachsenen auswirken, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)".

"Es geht nicht nur darum, die Grundlage für einen der mehr skurrilen Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu verstehen. Unsere Finger können uns offenbar etwas über die Signale erzählen, die während einer kurzen Zeit im Mutterleib wirksam waren", sagt Martin Cohn von der University of Florida in Gainesville. Bei Frauen ist der Zeigefinger mindestens genauso lang wie der Ringfinger, während bei Männern der Ringfinger mehr oder weniger deutlich länger ist. Das Ausmaß des Längenunterschieds lässt Rückschlüsse auf verschiedene Merkmale des Mannes zu. Dazu zählen der Testosteronspiegel im Blut, die Fruchtbarkeit, sexuelle Orientierung, sportliche Leistung, soziales Verhalten und Anfälligkeit für einige Krankheiten.

Die Resultate von Cohn und seinem Mitarbeiter Zhengui Zheng zeigten, dass die Konzentrationen männlicher Sexualhormone - der sogenannten Androgene - und weiblicher Sexualhormone - der Östrogene - während einer kurzen Entwicklungsphase des Embryos für den Fingereffekt verantwortlich sind. Die Forscher untersuchten die Zehenbildung der hinteren Füße bei Embryonen von Mäusen, die zu ganz ähnlichen geschlechtsabhängigen Unterschieden führt wie beim Menschen. Sie stellten fest, dass der entstehende vierte Zeh, der dem Ringfinger entspricht, empfindlicher auf die Hormone reagiert. Er weist mehr Bindungsstellen für Androgene und Östrogene auf als der zweite Zeh. Ein künstlich erhöhter Androgenspiegel aktivierte Gene, die das Zehenwachstum förderten. Östrogene dagegen veränderten die Genaktivitäten so, dass die umgekehrte Wirkung eintrat. Eine Störung der normalen Hormonregulation müsste sich nach der Geburt an den Fingerlängen ablesen lassen. Eine solche Entwicklungsstörung könnte mehrere körperliche und psychische Merkmale beeinflussen, vermuten die Forscher. In bestimmten Fällen wäre es also von diagnostischem Wert, das Längenverhältnis zwischen Ring- und Zeigefinger eines Patienten zu ermitteln.

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Quelle: "Developmental basis of the sexually dimorphic second-to-fourth digit ratio", Zhengui Zheng, Martin J. Cohn; Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), doi: 10.1073/pnas.1108312108


 

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