Aufrechter Gang: Zweibeinig vom Baum herunter

Studien der Gangarten verschiedener Menschenaffen zeigen, dass der Mensch die Zweibeinigkeit entwickelte, als er den Lebensraum Baum verließ
Die Zweibeinigkeit hat der Mensch offenbar entwickelt, als er von den Bäumen hinabgestiegen war.
Die Zweibeinigkeit hat der Mensch offenbar entwickelt, als er von den Bäumen hinabgestiegen war.
© Aboutpixel / Robert Krause
Durham (USA) - Eine alte Frage ist offenbar beantwortet: Der frühe Mensch hat den aufrechten Gang nicht entwickelt, nachdem er eine Weile vierbeinig am Boden lebte wie der Gorilla, sondern er nutzte schon in den Bäumen lebend eine Art Zweibeinigkeit  - wie Schimpansen und Bonobos. Das belegen jetzt Untersuchungen amerikanischer Forscher an den Handknochen von Menschenaffen. Die Knochen baumlebender Schimpansen und Bonobos ähneln denen des Menschen mehr als jene bodenlebender Gorillas. Schimpansen und Bonobos jedoch haben bereits in grauer Vorzeit einen für das Leben auf Bäumen geeigneten Handknöchelgang entwickelt. Daraus schließt das Forscherteam, dass der Mensch sich im Laufe der Evolution nicht einfach immer mehr vom Boden aufgerichtet hat. Vielmehr, so zeigen die Forscher in den "Proceedings of the National Academy of Sciences", ist er schlichtweg von den Bäumen gestiegen und seine Vorderpfoten haben sich dann zu reinen Greifhänden weiterentwickelt.

Seit Darwins Zeiten wird heftig diskutiert, wie der Mensch zweibeinig wurde. Die eine Haupttheorie "sieht einen vormenschlichen Vorfahren als einen Handknöchel-Geher auf dem Erdboden", schreiben Daniel Schmitt und Tracy Kivell von der Duke University. Das andere Erklärungsmodell verfolgt das zweibeinige Gehen auf früheres Baumklettern zurück.

Die beiden Forscher untersuchten nun genau den Bau der Handknöchel bei unterschiedlich lebenden Primaten-Arten. Gorillas, stellten sie fest, greifen mit ihren Armen und Knöcheln weit aus, halten aber den ganzen Arm in einer "Säulenform", wodurch ihr Gang dem von Elefanten ähnelt. Im Gegensatz dazu gehen Schimpansen und Bonobos sehr viel flexibler, "mit ihren Handknöcheln in gebeugten Positionen, so dass mehr Druck auf den Handgelenken liegt." Bei Schimpansen und Bonobos haben sich deshalb spezielle Handbeugen herausgebildet, die das Handgelenk vor Überdehnung schützen. Gorillas brauchen für ihre Gangart dieses Merkmal nicht. Es haben sich, so schließen Schmitt und Kivell, vermutlich unabhängig voneinander zwei Arten des Gehens mit den Handknöcheln entwickelt - zum einen die von Schimpansen und Bonobos und zum anderen die von Gorillas. Die Hand des Menschen ähnelt deutlich mehr der Hand der auf Bäumen lebenden Schimpansen und Bonobos. Darum liegt die Vermutung nahe: Vor etwa sieben Millionen Jahren sind Affen, die bis dahin fast nur auf Bäumen gelebt hatten, auf den Erdboden hinabgestiegen und entwickelten im Laufe von einigen hunderttausend Jahren die Zweibeinigkeit.

Bestätigt wird diese Vermutung auch durch versteinerte Knochenfunde. Zwar gibt es keine Fossilien aus der Übergangszeit von Affe zu Mensch, so Kivell und Schmitt, doch keine der jüngeren Fossilien, die als direkt menschliche Vorläufer angesehen werden, weisen Handknöchel auf, die mit denen des Gorillas Ähnlichkeit haben. (wsa090811dm1)

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Independent evolution of knuckle-walking in African apes shows that humans did not evolve from a knuckle-walking ancestor", Tracy L. Kivell & Daniel Schmitt; PNAS, 10.08.09


 

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