3D-Kamera mit Nanoblitz: Jetzt auch auf Glas und im Regen scharf
„Mit dem derzeitigen Stand der Technik, wie dem neuen Kinect, kann man keine durchsichtigen Objekte in 3D vermessen“, erklärt Achuta Kadambi, Bilderkennungsforscher am Media Lab des Massachusetts Institute of Technology (MIT): „Das liegt daran, dass das reflektierte Licht vom Objekt und das vom Hintergrund in ein Pixel der Kamera zusammenschmieren.“ Die neue Methode hingegen berücksichtigt solche Interferenzen und macht dreidimensionale Modelle auch von durchsichtigen oder durchscheinenden Objekten möglich. Im Prinzip arbeiten solche Time-Of-Flight (TOF)- oder PMD-Kameras ähnlich wie ein Radar oder Echolot, das Signale aussendet und deren Reflektionen in der Umgebung registriert. Die Kamera schickt Lichtfronten in die Tiefe des Raumes und misst für jeden Pixel ihres Sensors die Laufzeit, englisch „time of flight“, die das Licht an dieser Stelle zur Rückkehr benötigt hat. Aus diesen Werten berechnet das System zentimetergenau das dreidimensionale Relief der Szene, bis in rund 40 Meter Entfernung. Der Trick des neuen Systems liegt vor allem im Algorithmus, so die Forscher, der pro Pixel mehrere Entfernungssignale akzeptiert und nur den passendsten Wert wählt.
„Wir nutzen eine neue Methode, die uns das Kodieren der Information in der Zeit erlaubt“, erklärt Projektleiter Ramesh Raskar: „Wenn die Daten also zurückkommen, können wir in der Telekommunikation sehr verbreitete Berechnungen vornehmen, um aus dem einzelnen Signal unterschiedliche Distanzen zu schätzen.“ Die Methode ähnelt ein wenig Bildstabilisatoren bei Kameras, wo bei Unschärfe der Sensor-Algorithmus Vermutungen anstellt und Verwacklungen herausrechnet, um möglichst scharfe Bilder zu bekommen. Vor zwei Jahren hatte Raskars Forschungsgruppe den bisherigen Rekordhalter der TOF-Kameras entwickelt: eine Billionen-Bilder-pro-Sekunde-Kamera, die Lichtsignale von nur Femtosekunden Dauer aussendet – Milliardstel Mikrosekunde – und den Rücklauf mithilfe schneller, teurer Labor-Optik registriert. Diese „Femto-Kamera“ kostete rund 340.000 Euro. Im Gegensatz dazu liegt das aktuelle Gerät nur bei rund 340 Euro und heißt „Nano-Kamera“, weil ihr Lichtsignal „nur“ im Nanosekundenbereich arbeitet, bei Tausendstel Mikrosekunden. Dafür griffen die Forscher auf kostengünstige Hardware zurück. Sie leuchten das Bild etwa mit handelsüblichen Leuchtdioden aus, deren Lichtsignal im Nanosekundenabstand schwingt.
Anwendungen für das System sind auch dank des niedrigen Preises viele möglich, berichtet das Team um Raskar. Das reicht von der Qualitätskontrolle auf Fließbändern der Glasindustrie bis zur Bildgebung in der Medizin. Aber auch selbst fahrende Autos könnten damit in Nebel oder Regen genauer ihre Umgebung abtasten und Kollisionen vermeiden. Und nicht zuletzt dürften wegen des besseren Algorithmus’ auch die Spieler interaktiver 3D-Videogames profitieren.
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