Wandernde Silberinseln
"In metallischen Nanodrähten können elektrische Ströme Strukturveränderungen durch Elektromigration verursachen", schreiben Chenggang Tao und seine Kollegen in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Science". Bei diesem Phänomen kollidieren Elektronen mit Metallionen im Nanodraht aus Silber und verschieben sie ein winziges Stück. Mit einem Rastertunnelmikroskop machten die Forscher dieses Verhalten von Inseln aus 100 bis 100.000 Silberatomen auf der Oberfläche eines Nanodrahtes sichtbar. Die Aufnahmen zeigten, dass sich die winzigen Inseln in Abhängigkeit von dem Stromfluss und von ihrer Größe verschoben.
Nur eine gute Viertelstunde dauerte es, bis sich die Silberatome um 40 bis 90 Nanometer verlagert hatten. Dabei durchfloss ein Strom mit einer Dichte von etwa sieben Milliarden Ampere pro Quadratmeter den Nanodraht. Die maximale Geschwindigkeit bestimmten Tao und Kollegen mit etwa einem Zehntel Nanometer pro Sekunde. Die Wanderrichtung war dabei entgegengesetzt zum Stromfluss und in der gleichen Richtung wie der Elektronenfluss.
Weitere Versuche belegten, dass sich die Elektromigration von Silberinseln durch Beimischungen von Kohlenstoff-60-Fullerenen in den Nanodraht drastisch reduzieren ließ. Der Grund: Die C-60-Cluster konnten eine Vielzahl der Elektronen auffangen und so die auf die Silberionen wirkenden Kräfte verringern. Das ist nicht nur von grundlegendem Interesse, sondern könnte konkrete Anwendungen bei der zukünftigen Chipherstellung haben. Denn veränderte Strukturen in Nanodrähten können sich störend auf das Schaltverhalten, elektronische Rauschentwicklung und Zuverlässigkeit von winzigen elektronischen Schaltkreisen auswirken. Daher werden Chipentwickler für den Bau noch kleinerer Prozessoren diese Effekte mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr vernachlässigen können.