Von Taufliegen lernen: Wie Gene die Wundheilung steuern

Erkenntnisse sollen helfen, neuartige Verbände zu entwickeln und chronischen Hautkrankheiten wie Psoriasis oder Ekzeme zu behandeln
Drosophila-Embryo - mit Fluoreszenz-Färbung von Proteinen
Drosophila-Embryo - mit Fluoreszenz-Färbung von Proteinen
© Caitlin Sedwick / Creative Commons (CC BY-SA 2.5), http://creativecommons.org/licenses/by/2.5/deed.en
Washington (USA) - Die Taufliege Drosophila melanogaster ist einer der bekanntesten Modellorganismen in der Genetik. Jetzt nutzten US-amerikanische Forscher die Embryos des Insekts, um Erkenntnisse über die Wundheilung zu gewinnen. Ihre Ergebnisse lassen sich durchaus auf den Menschen übertragen, berichteten sie heute in Washington auf der 54. jährlichen Drosophila-Forschungskonferenz. Denn viele der Schlüssel-Moleküle und Proteine, die bei der Fliege am Wundverschluss beteiligt sind, haben bei Säugetieren eine ähnliche Funktion. Bei Verletzungen werden die gleichen Gene an- oder ausgeschaltet. Die Wissenschaftler wollen dies nun nutzen, um spezielle Verbände mit Wirkstoffen zu entwickeln, die eine Wundheilung fördern. Außerdem erhoffen sie sich Erkenntnisse zur Behandlung von chronischen Hautkrankheiten wie Psoriasis und Ekzemen.

„Mein Verlobter ist Feuerwehrmann. Möglicherweise wird unsere Arbeit in Zukunft seine Behandlung beeinflussen, wenn er sich einmal schwerwiegende Verbrennungen zuzieht“, beschreibt Rachel A. Patterson ihre ganz persönliche Motivation. Die Forscherin von der University of California in San Diego (UCSD) und ihre Kollegen nutzen Drosophila, weil die Genetik der Fliege nicht so kompliziert ist wie beim Menschen. Daher ist es wesentlich einfacher, individuelle Gene einer biologischen Funktion zuzuordnen. Werden dann statt erwachsener Fliegen deren Embryos eingesetzt, ist die Untersuchung noch einfacher.

Im Verlaufe ihrer Experimente stachen die Forscher die Fliegen-Embryos mit Mikronadeln und erzeugten so kleine, punktförmige Wunden. Außerdem setzten sie spezielle Enzyme (Serin-Proteasen) ein, die an der Kontrolle von Signalen zwischen den Zellen beteiligt sind. „Wir nutzten die Enzyme, um genau die Gene besser orten zu können, die 30, 60 und 120 Minuten nach der Verwundung an- und abgeschaltet waren“, so Patterson. Mit Hilfe von Genchips seien dann 84 Erbanlagen gefunden worden, die aktiviert waren, „andererseits wurden während der Wundheilung 78 Gene abgeschaltet.“

Bereits unmittelbar nach der Verletzung wird die Immunantwort der Fliegenembryos aktiviert, um mögliche Bakterien- oder Pilz-Infektionen zu bekämpfen. Danach schalten sich Gene ein, die einen Verschluss der Wunde förderten. Ebenso interessant ist für die Forscher aber auch, welche Erbanlagen ausgeschaltet werden. Dazu gehören alle Gene, die das Zellwachstum und die Zellteilung steuern. „Offensichtlich konzentriert sich der Organismus völlig auf die Lösung des aktuellen Problems, nämlich die Heilung der Wunde“, betont Patterson.

Besonders interessant für die Forscher sind acht Gene, die bisher nicht mit der Wundheilung in Zusammenhang gebracht wurden. Die Forscher wollen jetzt überprüfen, ob sie möglicherweise beim Menschen eine ähnliche Rolle spielen. Außerdem wollen sie herausfinden, ob beteiligte Enzyme und antibakterielle Wirkstoffe beim Menschen eingesetzt werden können. Denkbar wären beispielsweise spezielle Verbände, die diese Substanzen enthalten und in die Wunde abgeben. Ein anderes Einsatzgebiet neben den oben angegeben Krankheiten könnte auch sehr trockene Haut sein.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: Vortrag: "Intersection of Drosophila innate immunity and epidermal wound response in the serine proteolytic pathway", Michelle T. Juarez et al.; Genetics Society of America’s 54th Annual Drosophila Research Conference in Washington; Freitag, 5. April 2013


 

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