Unter der Laterne: Räuberische Krabbeltiere profitieren vom Licht

Zunehmende Lichtverschmutzung in der Stadt verändert Artenspektrum von Tieren am Boden
Straßenlaternen beeinflussen das tierische Leben am Boden
Straßenlaternen beeinflussen das tierische Leben am Boden
© Manuvallejo (gemeinfrei)
Penryn (Großbritannien) - Nächtliche Straßenbeleuchtung stört nicht nur die Orientierung von Fluginsekten - sie verändert auch das Artenspektrum von Tieren, die auf dem Boden leben. Britische Biologen haben beobachtet, dass insbesondere der Anteil räuberischer und aasfressender Arten von wirbellosen Tieren unter Straßenlaternen steigt. Dadurch verändert sich möglicherweise das Ökosystem an diesen Standorten stärker als bisher vermutet – mit noch unbekannten Folgen, schreiben die Forscher im Fachblatt „Biology Letters“.

Diese Ergebnisse zeigen, dass die Straßenbeleuchtung einen länger andauernden Effekt hat und nicht nur bei Nacht anziehend auf bestimmte Tierarten wirkt, erklären die Biologen um Thomas Davies von der University of Exeter. Sie untersuchten das Artenspektrum wirbelloser Tiere auf dem grasbewachsenen Boden in einem Stadtbezirk. Dort waren 14 Laternen mit Natriumdampf-Hochdrucklampen in einem Abstand von jeweils 35 Meter aufgestellt. Genau unter jeder Lampe sowie jeweils in der Mitte zwischen zwei Laternen wurden 28 Bodenfallen platziert. Für drei Tage und drei Nächte kontrollierten die Forscher die Fallen jeweils bei Sonnenaufgang und bei Sonnenuntergang. Das ermöglichte eine getrennte Zählung von tags und nachts aktiven Kleinlebewesen.

So sammelten sie etwa 1.200 Tiere, hauptsächlich Springschwänze, Ameisen, Spinnen, Schnecken und Käfer. Insgesamt war die Zahl der direkt unter den Lampen gesammelten Tiere höher als die Anzahl derjenigen auf den weniger stark beleuchteten Stellen. Die nächtliche Beleuchtung erhöhte die Populationsdichte von Laufkäfern, Weberknechten, Asseln, Flohkrebsen und Ameisen – aber nicht nur nachts, sondern auch tagsüber. Dabei stieg gegenüber den Pflanzenfressern und Parasiten der Anteil an räuberischen und aasfressenden Tieren auf den intensiver beleuchteten Bodenabschnitten. Auf den Pflanzenbewuchs wirkten sich die unterschiedlichen Lichtverhältnisse nicht aus. Daher ist eine direkte Wirkung des Lichts anzunehmen und kein indirekter Effekt über ein verändertes Biotop.

Es gebe Schätzungen, nach denen die künstliche Beleuchtung weltweit jährlich um sechs Prozent zunimmt, schreiben die Autoren. Das zeige die mögliche Bedeutung, die veränderte Lichtverhältnisse für natürliche Standorte von Tieren haben könnten. Welche weiteren Auswirkungen damit für die betroffenen Ökosysteme und letztlich auch für den Menschen verbunden sind, ist noch nicht untersucht. Eine Verstärkung solcher Effekte sei möglich, so die Forscher, wenn in Zukunft Natriumdampflampen durch andere Leuchtkörper ersetzt werden, deren Licht aus einem breiteren Wellenspektrum besteht.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: „Street lighting changes the composition of invertebrate communities“, Thomas W. Davies et al.; Biology Letters, DOI: 10.1098/rsbl.2012.0216


 

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