Umstrittener Ursprung des Yellowstone-Supervulkans

Schlummert unter dem Yellowstone-Nationalpark doch kein schlauchförmiger Hot-Spot aus geschmolzenem Gestein?
Wie die Perlen auf einer Schnur reihen sich die Eruptionsorte des Yellowstone-Supervulkans von Westen nach Nordosten verlaufend auf.
Wie die Perlen auf einer Schnur reihen sich die Eruptionsorte des Yellowstone-Supervulkans von Westen nach Nordosten verlaufend auf.
© Ying Zhou, Virginia Tech
Blacksburg (USA) - “"Im Westen der USA schlummert der Yellowstone-Supervulkan unter dem Gebiet des gleichnamigen Nationalparks. Vor 640.000 Jahren kam es zur bisher jüngsten Eruption, bei der sich ein 80 Kilometer langer und 55 Kilometer breiter Vulkankessel, eine Caldera, bildete. Als Ursprung des Vulkans vermuten Geophysiker bislang eine gigantische Magmakammer im Erdmantel, aus der heißes Gestein durch den Schlot eines so genannten Mantel-Plumes zur Oberfläche gelangt. Doch nun widerspricht eine amerikanische Geophysikerin dieser Hot-Spot-Theorie. In der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ liefert sie Belege, die auf neuen, genaueren Analysen des Untergrunds unter dem Yellowston-Gebiet gründen.

„Unter Hawaii konnten Seismologen einen Hot-Spot bis in den Erdmantel nachweisen“, sagt Ying Zhou vom Department of Geoscience der Virginia Tech in Blacksburg. „Aber unter Yellowstone konnte keine ähnliche Plume-Struktur gefunden werden.“ Aus diesem Grund ist die Hot-Spot-Theorie für den Yellowstone-Supervulkan in der Fachwelt höchst umstritten. Nun analysierte Ying Zhou seismische Daten, die nach starken Erdbeben in der Region zwischen 2011 und 2015 aufgezeichnet wurden. Dabei griff sie auf die Messungen eines engmaschigen Netzwerks von 550 Erdbebenstationen zurück.

Mit einer neuen Analysemethode wertete Zhou diese Daten aus, um ein möglichst hochaufgelöstes Bild des Untergrunds unter dem Yellowstone-Nationalpark bis tief in den Erdmantel zu gewinnen. Dabei betrachtete sie nicht nur die Laufzeiten der Erdbebenwellen durch das Gestein, sondern auch die Variationen der Frequenzen dieser Wellen. Ihr Ergebnis: Bis tief in den Erdmantel verteilen sich ungewöhnliche Gesteinszonen, die Zhou als Bruchstücke einer uralten ozeanischen Platte interpretierte. So begann vor mehr als 150 Millionen Jahren während des Jura die gigantische Farallon-Platte vom Westen aus unter den amerikanischen Kontinent abzutauchen. Diese Subduktion verlief über Jahrmillionen. Während dieses Prozesses zerfiel die Platte vor 16 Millionen Jahren in kleinere Bruchstücke, die bis in Tiefen unterhalb von 660 Kilometern vordrangen.

Die Positionen dieser Plattenfragmente, die im heißen Erdmantel abhängig vom Wassergehalt schmolzen, korrelieren stark mit den Orten, an denen der Yellowstone-Supervulkan in der Vergangenheit ausgebrochen war. Wie eine Perlenkette reihen sich die Reste dieser Ausbrüche, die Calderen, von Westen in einen Bogen nach Nordosten verlaufend auf. Die älteste dieser nachweisbaren Eruptionen ereignete sich vor 16,5 Millionen, die jüngste vor 640.000 Jahren. Die schmelzenden und zugleich wandernden Bruchstücke der Farallon-Platte lieferten laut Ying Zhou des Material für diese Ausbrüche.

In den Positionen der Calderen und dem zeitlichen Ablauf der Eruptionen fand die Geophysikerin ein weiteres Indiz gegen die Hot-Spot-These. So bewegt sich der amerikanische Kontinent seit 16 Millionen Jahren mit einer Geschwindigkeit von einem bis 2,5 Zentimeter pro Jahr nach Westen. Für einen unbeweglichen Hot-Spot im Erdmantel sei dies laut Zhou zu langsam, um die Eruptionsorte auf der darüber wandernden Erdplatte schlüssig zu erklären. Kombiniert mit der Ostdrift der Bruchstücke der Farallon-Platte jedoch stimmen die Positionen der Vulkankessel besser mit dem zeitlichen Ablauf überein.

Mit ihrer Studie wird Ying Zhou die Diskussion um den geologischen Ursprung des Yellowstone-Supervulkans neue Impulse geben und sicher auch auf Widerstand in der Fachwelt stoßen. Denn erst vor wenigen Monaten berichteten Forscher von der University of Texas in Austin, einen bis an die Grenze zum Erdkern in 2900 Kilometer Tiefe reichenden Schlauch teilweise geschmolzenen Gesteins unter dem Yellowstone-Gebiet entdeckt zu haben. Das stützt wiederum die Hot-Spot-Theorie. Wann die offene Diskussion abgeschlossen sein wird, lässt sich heute daher noch nicht absehen. Doch ein schlüssiges Ergebnis ist immens wichtig, um das Risiko für einen erneuten Ausbruch des Supervulkans besser abschätzen zu können.

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