Sehnen schützen Muskeln wie Stoßdämpfer

Die elastischen Verbindungen zu den Knochen nehmen die Aufprallenergie auf und vermeiden dadurch Muskelschäden
Experimente mit Truthähnen zeigen, wie erst die Sehnen und dann die Muskeln die Sprungenergie absorbieren.
Experimente mit Truthähnen zeigen, wie erst die Sehnen und dann die Muskeln die Sprungenergie absorbieren.
© Thomas Roberts Lab, Brown University
Providence (USA) - Sehnen verbinden nicht nur Muskeln und Knochen, um Bewegungen zu ermöglichen. Sie haben noch eine weitere wichtige Aufgabe: Aufgrund ihrer Dehnbarkeit wirken sie als schützende Stoßdämpfer beim plötzlichen Abbremsen von Bewegungen, berichten US-amerikanische Forscher. Demnach wird die Aufprallenergie nach einem Sprung zunächst von Sehnen der Beinmuskeln aufgefangen. Verzögert und verlangsamt erfolgt dann die Weiterleitung zu den Bündeln der Muskelfasern, die sich dadurch strecken. Ohne diesen Zwischenpuffer könnten Muskelfasern beim plötzlichen Strecken reißen, schreiben die Forscher im Fachjournal "Proceedings of the Royal Society B".

"Nach vorherrschender Meinung lassen sich sämtliche Bewegungen des Körpers allein durch die Aktion unserer Muskelmotoren erklären. Jetzt wird immer deutlicher, dass die elastischen Sehnen einen großen Anteil daran haben, uns das Gehen zu ermöglichen", sagt Thomas Roberts von der Brown University in Providence. Sein Forscherteam untersuchte an Truthähnen die Belastung von Beinmuskeln und -sehnen beim Aufprall nach einem Sprung. Diese Versuchstiere wurden deshalb gewählt, weil sie wie der Mensch auf zwei Beinen gehen und ähnliche Strukturen von Muskeln und Sehnen in den Beinen aufweisen. Die Biologen statteten die Vögel mit Sensoren aus, die es ermöglichten, in Bruchteilen von Sekunden Veränderungen der Länge von Muskelfaserbündeln und deren Belastung zu messen. Außerdem registrierten Video-Zeitlupenaufnahmen, wann und wie sich die Beingelenke bei der Landung nach einem Sprung beugten.

Die Forscher konnten zwei Phasen beim Abbremsen unterscheiden: Unmittelbar nach dem Aufprall blieb die Länge der Muskelbündel zunächst unverändert. Die Bewegungsenergie wurde allein von den Sehnen absorbiert, indem diese sich dehnten. In der zweiten Phase, eine zehntel Sekunde später, zogen sich die Sehnen wieder auf die ursprüngliche Länge zusammen und gaben dabei die gespeicherte Energie an die Muskeln ab, die sich dann um circa 20 Prozent streckten. Die Energieabsorption durch die Sehnen erfolgte etwa viermal so schnell wie die anschließende Übertragung auf die Muskeln. Diese Stoßdämpferwirkung der Sehnen verhindert Muskelschäden, die auftreten würden, wenn die Aufprallenergie direkt von den Muskeln aufgefangen würde. Die Forschungsergebnisse könnten für die Entwicklung künstlicher Sehnen, aber auch für die Konstruktion von Robotern mit zweibeiniger Fortbewegung nützlich sein.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Muscle power attenuation by tendon during energy dissipation", Nicolai Konow et al.; Proceedings of the Royal Society B, doi: 10.1098/rspb.2011.1435


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg