Pille für den Mann an Mäusen erprobt
"Ein zusätzlicher Vorteil unseres Wirkstoffs ist, dass er als Pille verabreicht werden kann und nicht injiziert werden muss", sagte Sanny Chung aus dem Forschungsteam von Debra Wolgemuth an der Columbia University in New York. Die Wissenschaftler untersuchten den Wirkmechanismus der Substanz BMS-189453, die ursprünglich von einem Pharmaunternehmen zur Behandlung von Hauterkrankungen entwickelt und getestet worden war. Als Nebenwirkung hatte sich dabei eine verringerte Zeugungsfähigkeit der Versuchstiere ergeben. Die Forscher stellten nun fest, dass Mäusemännchen, die vier Wochen damit behandelt wurden, Veränderungen im Hodengewebe zeigten, wie sie auch bei Vitamin A-Mangel auftreten. Denselben Effekt beobachteten sie bei genetisch veränderten Mäusen, denen das Protein Retinsäurerezeptor-alpha fehlte. In allen drei Fällen konnte die normalerweise aus Vitamin A gebildete Retinsäure nicht mehr an das Rezeptorprotein ankoppeln, was zur Spermienproduktion nötig ist. Offenbar verhindert der Hemmstoff, dass die Retinsäure im Hoden wirksam werden kann.
Auch bei Langzeiteinnahme keine Nebenwirkungen
In weiteren Tierversuchen wurde die Dosis des Hemmstoffs verringert und die Behandlungszeit auf bis zu 16 Wochen ausgedehnt. Die Tiere blieben in diesem Zeitraum unfruchtbar und es traten außer den bekannten Veränderungen im Hodengewebe keine Nebenwirkungen auf. Erstaunlicherweise erlangten sie dann ihre normale Fruchtbarkeit nach Absetzen des Wirkstoffs sogar schneller wieder zurück als nach nur vierwöchiger Behandlung. Im Gegensatz zu anderen Substanzen, die bereits früher als "Pille für den Mann" getestet wurden, verringerte das neue Mittel die sexuelle Aktivität nicht und erhöhte auch nicht die Risiken einer Prostatavergrößerung oder Gefäßerkrankung. Auch der Testosteronspiegel der Mäuse veränderte sich während der Einnahmezeit des Hemmstoffs nicht. Nach 16-wöchiger Unfruchtbarkeit zeugten die Mäuse nach dem Absetzen des Mittels wieder Nachkommen, deren Fruchtbarkeit ebenfalls nicht beeinträchtigt war. Weitere Tierversuche sollen nun prüfen, ob auch eine noch länger andauernde Einnahme des neuen Wirkstoffs unschädlich ist und seine Wirkung auf die Fruchtbarkeit umkehrbar bleibt. Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, könnten erste klinische Studien für den Einsatz beim Menschen beginnen.
Druckversion: Endocrinology, Bd. 152, S. 2492, doi:10.1210/en.2010-0941