In Rekordzeit: Ultraschneller Phasenübergang bei Graphit
„Wir stellten fest, dass das Erhitzen und der Zerfall des Ionengitters viel schneller vor sich geht als erwartet“, berichtet Stefan Hau-Riege vom US-staatlichen Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL). Nur 40 Femtosekunden, ein Sekundenbruchteil mit 15 Nachkommastellen, dauerte der Übergang von fest über flüssig bis zum Plasma. Hau-Rieges Team nutzte zum Bestrahlen des Graphits einen spezialisierten Laser: den Freie-Elektronen-Laser im Röntgenbereich (XFEL) der Linac Coherent Light Source (LCLS) am Nationalen Beschleunigerlabor SLAC in Stanford. Nicht-elastische Röntgenstreuung diente in dieser Art von Experiment erstmals zur Plasma-Diagnose. Durch Variieren der Laserpuls-Länge und Berechnen unterschiedlicher Spektren ließ sich unter anderem die Zeitabhängigkeit verschiedener Plasma-Parameter bestimmen – etwa der Ionisationszustände und der Temperatur von Elektronen und Ionen. Beteiligt waren auch Forscher der Universität Duisburg-Essen, der Max Planck Advanced Study Group (ASG) am Hamburger Center for Free-Electron Laser Science (CFEL) und der Max Planck Institute für medizinische Forschung und für Kernphysik.
Die Ergebnisse gelten als Durchbruch in der Plasmaphysik und der Physik ultraschneller Materialien. Sie liefern neue Erkenntnisse zum Verhalten von Materie unter harter Röntgenstrahlung. Doch auch anderen Bereichen bringen sie Neues: etwa bei der Röntgenoptik, so die Forscher, oder bei der Bildgebung einzelner Moleküle in lebenden Organismen, die wegen des überraschend schnellen Energietransfers in bestimmten Fällen schwieriger sein dürfte als erwartet.