Die Grenzen des Zellwachstums
„Die Menge an verfügbaren Lipiden begrenzt die Größe der einzelnen Zelle und ich wäre sehr überrascht, wenn das nicht für alle Lebewesen gelten würde“, sagt Petra Levin von der Washington University in St. Louis. Lipide bilden in Form einer doppelten Molekülschicht die Plasmamembran, die das Innere jeder Zelle umschließt. Eine mehr oder weniger gleichbleibende Zellgröße resultiert aus der Balance zwischen Zellwachstum und Teilungsrate. Damit eine Zelle wachsen kann, muss der Stoffwechsel die nötigen Proteine, Kohlenhydrate, Fette und weitere Substanzen liefern. Dass, wie zunächst vermutet, diese Stoffwechselreaktionen in ihrer Gesamtheit das Wachstum der Zelle regulieren, hat sich jetzt als falsch herausgestellt.
Versuche mit Bakterien ergaben, dass speziell der Produktion von Fettsäuren eine entscheidende Rolle bei der Regulation der Zellgröße zukommt. Levin und ihre Kollegen hatten Kulturen von E. coli und Bacillus subtilis mit ganz speziellen Antibiotika versetzt. Diese blockierten entweder die Produktion von Proteinen, von RNA oder von Fettsäuren. Nur im letzten Fall schrumpfte die Zellgröße der Bakterien im Nährmedium. Umgekehrt entstanden Riesenzellen, wenn die Herstellung von Fettsäuren gezielt verstärkt wurde. Als Hauptfaktor für diesen Effekt erwies sich der Botenstoff Guanosintetraphosphat (ppGpp). Dieser wirkt bei großem Nährstoffmangel als Alarmsignal, stoppt alle Biosynthesen und versetzt die Bakterien in einen Ruhezustand. Wenn bei Mutanten, denen dieser Botenstoff fehlte, die Bildung von Fettsäuren blockiert wurde, nahm im nährstoffreichen Medium das Zellvolumen zu, ohne dass sich auch die Zellmembran vergrößern konnte, so dass die Zellen platzten. Allein der Lipidspiegel entscheide darüber, wie groß eine Zelle wird, sagt Levin. Auch bei einem Eukaryoten, der einzelligen Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae, fanden die Forscher dasselbe Regulationsprinzip, was für eine generelle Verbreitung spricht.