Im O-Ton

Naturkatastrophen in den Medien

Prof. Dr. Georg Ruhrmann, Kommunikations-<br>wissenschaftler an der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Prof. Dr. Georg Ruhrmann, Kommunikations-
wissenschaftler an der Friedrich-Schiller-Universität Jena
© FSU Jena

Interview mit Prof. Dr. Georg Ruhrmann, Kommunikationswissenschaflter an der Friedrich-Schiller-Universität Jena


Wissenschaft aktuell: Wie hat sich die Berichterstattung über Naturkatastrophen in den letzten fünf Jahren gewandelt?

Ruhrmann: Die Katastrophenberichterstattung nimmt weiter zu. Gründe hierfür liegen in der besseren Verfügbarkeit von TV-Bildern. Auch können die Berichte immer schneller übermittelt werden. Zunächst die Wissenschafts- und Wirtschaftsjournalisten werden zukünftig noch umfassender über die Vorläufer und Folgen von Naturkatastrophen berichten. Sie werden die zunehmend zugrunde liegenden Risiken, also gesellschaftliche Entscheidungen, zunehmend als Prozess begreifen und behandeln. Heute haben wir sogar Berichte über große wissenschaftliche Konferenzen zur Risikoforschung in den Feuilletons unseren großen Tageszeitungen. Das war vor 20 Jahren undenkbar.

Wissenschaft aktuell: Hat die Zahl der Naturkatastrophen zugenommen?

Ruhrmann: Zumindest die Schwere und die Folgen von Naturkatastrophen nehmen seit 1900 zu – allerdings nicht in allen Bereichen. Aufgrund der Industrialisierung und entsprechenden Klimaveränderungen kommt es vermehrt zu Sturm- und Hochwasserkatastrophen. Katastrophenähnliche Zustände treten auch auf als Folge schwerer technischer Großunfälle: ich erinnere an Bhopal (Indien), Seveso (Italien) oder Tschernobyl (UdSSR). Was auffällt: die sozialen Folgen treffen arme Bevölkerungsgruppen in unterentwickelten Ländern bzw. Regionen besonders hart.

Wissenschaft aktuell: Wo liegt Ihrerseits der Grund für das starke Interesse? Von den Medien geschürt oder vom Empfänger gefordert?

Ruhrmann: Dass die Medien mit Katastrophe Quote machen, ist normales Mediengeschäft. Seit Beginn des modernen Journalismus waren Katastrophen Nachrichten par excellence.

Wissenschaft aktuell: Führen Katastrophenberichte zu einer Verhaltensänderung beim Bürger?

Ruhrmann: Hier ist entscheidend, wie berichtet wird. Gerade in Deutschland mit einem sehr entwickelten Umweltbewusstsein gibt es Beispiele für die Lernfähigkeit, sich allmählich klüger zu verhalten. Das reicht vom Häuserbau bis hin zur Autoproduktion. Die Medien in Deutschland haben jeweils auf ihre Weise diesen Bewusstseinswandel nicht nur begleitet, sondern auch forciert. Allerdings hängt es sehr stark vom vorhandenen Vorwissen und den Einstellungen des Bürgers ab, ob und wie die Medien wirken.


Das Interview führte unser Redakteur Jan Oliver Löfken.



 

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