"Genie und Wahnsinn": Schriftsteller besonders gefährdet durch psychische Störungen
„In der Psychiatrie und der Medizin allgemein wird Krankheit in Kategorien von Schwarz und Weiß gesehen und man ist bestrebt, den Patienten so zu behandeln, dass alles beseitigt wird, was krankhaft erscheint“, sagt Erstautor Simon Kyaga vom Karolinska Institut in Stockholm. In Bezug auf psychische Störungen sei ein Umdenken bei der Therapie angebracht, denn bestimmte Aspekte einer Krankheit könnten auch vorteilhaft sein. In solchen Fällen, so Kyaga, müssten sich Arzt und Patient darauf einigen, ob eine Behandlung auf Kosten der Kreativität überhaupt wünschenswert ist.
Die Studie wertete über einen Zeitraum von 40 Jahren erfasste Daten von fast 1,2 Millionen Menschen aus, die wegen psychischer Erkrankungen behandelt worden waren. Die Ergebnisse bestätigen, dass Kreative generell eher an einer bipolaren Störung, einem Wechsel von depressiven und manischen Zuständen, erkranken. Dieser Zusammenhang galt jedoch nicht für andere Formen untersuchter Erkrankungen wie Autismus, Depression, Drogenabhängigkeit, Magersucht und Hyperaktivitätsstörung. Im Vergleich zu Forschern, Fotografen oder Tänzern erwiesen sich Schriftsteller als besonders stark gefährdet. Diese Menschen hatten ein erhöhtes Risiko für Schizophrenie, Depressionen, Angststörungen und Drogenmissbrauch. Zudem war bei ihnen die Wahrscheinlichkeit, Selbstmord zu begehen, 50 Prozent größer als bei nicht kreativ arbeitenden Vergleichspersonen. Der Intelligenzquotient spielt offenbar für den Zusammenhang zwischen Kreativität und psychischer Erkrankung keine Rolle – zumindest bei Männern nicht. Für Frauen war mangels verfügbarer Daten hierzu keine Auswertung möglich. Dass also Genies eher dem Wahnsinn verfallen als Normal-Kreative, erscheint daher unwahrscheinlich.