"Embryonale" Stammzellen in ausgewachsenen Würmern entdeckt
"Für die meisten Gene der Strudelwürmer gibt es auch jeweils ein entsprechendes Gen im Erbgut des Menschen", sagt Peter Reddien vom Whitehead Institute for Biomedical Research in Cambridge, der Leiter des Forscherteams. Daher könne das Wissen darüber, wie die Gene der Würmer die Regeneration steuern, auch dem Menschen zugute kommen. Wenn es gelingt, adulte Stammzellen des Menschen gezielt anzuregen, wäre eine bessere Heilung von Wunden oder die Neubildung von geschädigtem Gewebe möglich. Die Forscher untersuchten Strudelwürmer, auch Planarien genannt, die zu den Plattwürmern zählen und wegen ihrer erstaunlichen Regenerationsleistung bekannt sind: Aus einem winzigen Teil des Wurms - einem Hundertstel der gesamten Körpermasse - kann sich wieder ein vollständiges Tier entwickeln.
Mehr als nur adulte Stammzellen
Die Regeneration geht von teilungsfähigen Zellen mit Stammzellcharakter aus, den sogenannten Neoblasten, die verteilt im ganzen Organismus vorkommen. Die Wissenschaftler wollten nun klären, ob es sich dabei um ein Gemisch verschiedenartiger adulter Stammzellen handelt, wie sie auch bei anderen Tieren vorkommen. In diesem Fall wäre eine vollständige Regeneration nur durch das Zusammenwirken mehrerer Stammzellen möglich. Dabei würde jeder einzelne Stammzelltyp nur einen Teil des Wurmkörpers erneuern - so wie beim Menschen Muskelstammzellen nur Muskelzellen und Knochenmarksstammzellen nur Blut- und Immunzellen hervorbringen können.
Die Forscher entnahmen einzelne Neoblasten und übertrugen sie in Tiere, die nach einer Bestrahlung keine teilungsfähigen Zellen mehr besaßen. In 7 von 130 Fällen vermehrte sich die übertragene Zelle und ersetzte sämtliche Gewebe des tödlich bestrahlten Tieres, so dass es am Leben blieb. "Alle Körperteile - Nieren, Darm, Augen, Gehirn, Haut und Muskeln - wurden regeneriert, alles durch eine einzige Zelle", sagt Reddien. Die vollständig regenerierten Würmer verhielten sich normal und konnten sich auch durch Teilung vermehren. Unter den Neoblasten der Würmer befanden sich also Zellen, die leistungsfähiger waren als adulte Stammzellen. Einige besaßen dasselbe Potenzial wie embryonale Stammzellen. Andere Tiere und der Mensch verfügen nach der Geburt über keine embryonalen Stammzellen mehr. Stattdessen gibt es in jeden Gewebe nur noch ein Reservoir an adulten Stammzellen mit eingeschränktem Entwicklungspotenzial.