Zwei Besiedlungswellen für Amerika

Eine neue Theorie erklärt die ethnische und sprachliche Vielfalt auf den beiden amerikanischen Kontinenten mit zeitgleichen Einwanderungen aus zwei Richtungen
Padua (Italien) - Die ersten Menschen, die Amerika in prähistorischer Zeit erreichten, kamen vermutlich in zwei getrennten Gruppen, aber etwa zur gleichen Zeit. Das schließen italienische Forscher aus genetischen Analysen, mit deren Hilfe sie diese ersten Einwanderungen rekonstruieren konnten. In beiden Fällen kamen die Einwanderer, wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift "Current Biology" darlegen, über den Pazifik. Doch eine Gruppe wandte sich bald südwärts, während die andere sich nordostwärts Richtung Rocky Mountains bis nach Alaska bewegte. Die neue Theorie erkläre, warum es in den amerikanischen Urbevölkerung große ethnische Unterschied gibt und weshalb nicht alle indianischen Sprachen zu einer gemeinsamen großen Sprachfamilie gehören.

Vor 17.000 bis 15.000 Jahren, nach dem Höhepunkt der letzten Eiszeit, kam eine Gruppe von Menschen vermutlich von der Ostküste des heutigen Russlands über Beringia nach Nordamerika. Beringia war eine Landmasse, die sich am nördlichen Abschluss des Beringmeers, der heutigen Beringstraße, befand und eine durchgängige Landbrücke bildete, die Amerika und Asien verband. Die Einwanderer folgten auf dem amerikanischen Kontinent der eisfreien pazifischen Küstenlinie und besiedelten allmählich Nord-, Mittel- und Südamerika.

Rätsel aufgegeben haben den Forschern aber immer wieder die stark unterschiedlichen Sprachen und Ethnien, die in der gesamten amerikanische Urbevölkerung zu finden waren. Das Forscherteam um Ugo Perego und Antonio Torroni von der Università di Pavia hat nun mit Hilfe genetischer Analysen ein neues Szenario entwerfen können: Es habe, so die Forscher, zwei oder mindestens zwei große Wanderungswellen gegeben. Beide kamen über die Beringia. Doch während die eine sich dann südwärts wandte, strömte die andere Richtung Rocky Mountains, Kanada und Alaska.

"Als Columbus 1492 die Amerikas erreichte, zog sich die uramerikanische Besiedlung bereits von der Beringstraße bis nach Feuerland", erklärt Torroni. "Diese Urbevölkerungen wiesen bereits eine außerordentliche sprachliche und kulturelle Vielfalt auf. Diese Vielfalt führte zu ständigen Diskussionen unter den Fachleuten über Ursprünge und Beziehungen der Ureinwohner untereinander." Ohne die Annahme mehrerer früher Einwanderungswellen seien die immensen sprachlichen Unterschiede in den Sprachen der Urbevölkerungen nicht zu erklären.

Cell Press
Quelle: "Distinctive Paleo-Indian Migration Routes from Beringia Marked by Two Rare MtDNA Haplogroups"; Current Biology, 13. Januar 2008, doi:10.1016/j.cub.2008.11.058


 

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