Zerstörungsfreier Blick in die Photosynthese

Neue Methode kombiniert Röntgenlasertechniken, um die Abläufe in winzigen Proteinkristallen sichtbar zu machen, die eine Hauptrolle bei der Photosynthese spielen und normalerweise keine starke Strahlung aushalten.
Lichtmikroskop-Aufnahme der Mikrokristalle Photosystem II, die in der Kombination von Röntgenbeugung und –emissionsspektroskopie am LCLS untersucht wurden. Der schwarze Strich entspricht 20 Mikrometern, die Kristalle sind im Durchmesser 15 Mikrometer groß
Lichtmikroskop-Aufnahme der Mikrokristalle Photosystem II, die in der Kombination von Röntgenbeugung und –emissionsspektroskopie am LCLS untersucht wurden. Der schwarze Strich entspricht 20 Mikrometern, die Kristalle sind im Durchmesser 15 Mikrometer groß
© J. Kern, LBNL
Berkeley (USA) - Untersuchungen per Röntgenstrahlung sind längst darüber hinaus, nur grobe Knochen erkennen zu lassen: Heute machen Methoden wie Röntgenbeugung und Röntgenemissionsspektroskopie auch die Details feinster Kristalle sichtbar. Doch während starke Röntgenlaser bisher für winzige lichtempfindliche Kristalle zerstörerisch waren, gelang jetzt einem großen internationalen Forscherteam das schadfreie Hinschauen. Es konnte mit ultrakurzen und ultrahellen Lichtpulsen feinste Proteinstrukturen sichtbar machen, die in lebenden Zellen an der Photosynthese beteiligt sind, sogenannte PSII-Kristalle. Den Erfolg brachte eine Kombination mehrerer Röntgentechniken bei Raumtemperatur, berichten die Forscher aus den USA, Deutschland, Schweden und Frankreich im Fachblatt „Science“. Sie erwarten, dass sie sich bei vielen anderen Metallenzymen einsetzen lässt und das Verständnis der komplexen Vorgänge in Proteinen – während diese ablaufen – weiter erhellen helfen.

„Unsere parallel vollzogenen Untersuchungen zeigen, dass die PSII-Kristalle während der Messungen intakt sind, nicht nur, was ihren Aufbau angeht, sondern auch die elektronische Struktur des hoch strahlungsempfindlichen Mn4CaO5-Clusters“, schreibt das Team um Jan Kern und Junko Yano vom Lawrence Berkeley National Laboratory im kalifornischen Berkeley. Das Team hatte sich das „Photosystem II“ (PSII) vorgenommen: einen Proteinkomplex, der in den Zellen von Pflanzen, Algen und Cyanobakterien einen wichtigen Schritt der Photosynthese absolviert, also am Umwandeln von Lichtenergie in chemische Energie beteiligt ist. Im PSII wird das auftreffende Licht erstmals absorbiert und für die Energieumwandlung vorbereitet, vor allem mithilfe des Molekül-Clusters Mn4CaO5. Aufgrund ihrer Funktion bei der Lichtabsorption sind die Proteinkristalle von PSII sehr empfindlich für Licht und andere Strahlung. Zu empfindlich für herkömmliche Röntgentechniken.

Zwar hatten andere Arbeitsgruppen die Struktur bereits zuvor in tiefgekühltem Zustand mithilfe von Röntgenbeugung (XRD) untersucht, bis hinunter zu Auflösungen von bis zu 19 Nanometern. Doch die intensiven Röntgenpulse veränderten stets den Aufbau der Proteinkristalle. Jetzt nutzte das Team starke Femtosekundenpulse, nur Millionstel Milliardstel Sekunden lang, aus der kalifornischen Röntgenlaserquelle Linac Coherent Light Source (LCLS). Diese setzte es sowohl für Röntgenbeugung ein, wobei die Lichtwellen von den geordneten Kristallstrukturen abgelenkt werden, als auch gleichzeitig für Röntgenemissionsspektroskopie (XES): Dabei regt das auftreffende Licht das Material selbst zum informationsreichen Abstrahlen von Röntgenlicht an. Diese neue Untersuchungskombination bei Raumtemperatur lieferte umfassende Informationen über die Proteinstruktur von PSII, ebenso wie über die elektronische Struktur des Mn4CaO5-Clusters. Er selbst blieb dabei unbeschädigt, die Forscher konnten PSII in verschiedenen Anregungszuständen beobachten, also quasi bei der Arbeit.

Beteiligt waren auch Kollegen der Technischen Universität Berlin, der Universitäten Umeå und Stockholm sowie von den Beschleunigerzentren SLAC in Kalifornien, ESRF in Grenoble und SOLEIL bei Paris. Ihre neue Technik, so schreiben sie, „kann für künftige zeitaufgelöste Untersuchungen von lichtgesteuerten Strukturveränderungen innerhalb von Proteinen und Kofaktoren genutzt werden, und von chemischen Abläufen im katalytischen Metallkomplex unter Funktionsbedingungen.“

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