Zahl der Regenwurmarten unterschätzt

DNA-Analysen zeigen, dass einige Arten von Regenwürmern aus einer Mischung verschiedener Spezies bestehen
Regenwurm der Gattung Lumbricus auf dem Seziertisch
Regenwurm der Gattung Lumbricus auf dem Seziertisch
© Paul.Paquette
Cardiff (Großbritannien) - In Deutschland gibt es 39 Arten von Regenwürmern. Tauwurm, Roter Laubfresser, Kleiner Wiesenwurm oder Mistwurm lassen sich durch äußerliche Merkmale unterscheiden. Einige Würmer sehen allerdings völlig gleich aus und gehören doch verschiedenen Arten an. Das haben britische Biologen festgestellt, als sie eingesammelte Würmer mit molekularbiologischen Methoden untersuchten. Dieser Befund hat auch praktische Bedeutung, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt "Molecular Ecology". Denn für ökologische Forschungen und die Analyse der Qualität von Ackerböden muss man genau wissen, welche Wurmart in welcher Zahl in einer Bodenprobe enthalten ist.

"Bei unseren Versuchen, Regenwurm-Spezies durch ihre DNA nachzuweisen, erhielten wir Ergebnisse, die wir nicht erwartet hatten. Sie bedeuten, dass es mehrere neue Arten von Regenwürmern geben muss", sagt Bill Symondson von der Cardiff University. Er und seine Kollegen hatten durch DNA-Analysen verschiedene so genannte "kryptische Spezies" dieser Bodenbewohner entdeckt. Das sind unterschiedliche Arten einer Gattung, die am gleichen Standort leben und völlig gleich aussehen, sich aber nicht paaren. Regenwürmer spielen eine wichtige Rolle bei der Humusbildung und der Umschichtung des Bodens, sowie seiner Belüftung und Drainage, sagt Symondson. Für die Beurteilung der Bodenqualität ist es wichtig zu wissen, wie viele Würmer welcher Art vorhanden sind. Auch wenn man den Einfluss von Pestiziden oder Schwermetallen auf die Bodenlebewesen untersuchen will, muss man zwischen den verschiedenen Arten exakt unterscheiden können. Einige der bisherigen Studien müssen jetzt wohl wiederholt werden.

Die Forscher hatten 71 Exemplare der neun häufigsten Regenwurmarten gesammelt und die Sequenz zweier Gene - mitochondriale Cytochromoxidase I und ribosomale 16S-DNA - analysiert. Dabei erwiesen sich vier der vermeintlich neun Arten als Mischungen kryptischer Spezies. So verbargen sich hinter der Spezies Allolobophora chlorotica (Kleiner Ackerwurm) vier verschiedene Arten. "Wir müssen jetzt prüfen, ob die kryptischen Spezies unterschiedliche Funktionen im Ökosystem des Ackerbodens haben", sagt Symondson. Es sei zum Beispiel nötig zu untersuchen, ob sie sich in ihren Reaktionen auf Gifte, Parasiten und extreme Temperaturen unterscheiden. Über die Bedeutung der Regenwürmer schrieb bereits Charles Darwin 1881: "Man kann wohl bezweifeln, ob es noch viele andere Tiere gibt, welche eine so bedeutungsvolle Rolle in der Geschichte der Erde gespielt haben wie diese niedrig organisierten Geschöpfe."

Biotechnology and Biological Sciences Research Council
Quelle: "Opening a can of worms: unprecedented sympatric cryptic diversity within British lumbricid earthworms", R. Andrew King et al., Molecular Ecology, doi: 10.1111/j.1365-294X.2008.03931.x


 

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