Windstrom im Gehen

Flatternde Plastikfolien erzeugen selbst bei sehr geringen Windgeschwindigkeiten elektrischen Strom für Sensoren und mobile Elektronik
Illustration einen Minikraftwerks aus zwei im Wind flatternden Plastikfolien. Elektrostatische Ladungen werden so erzeugt und können über Silberelektroden abgegriffen werden.
Illustration einen Minikraftwerks aus zwei im Wind flatternden Plastikfolien. Elektrostatische Ladungen werden so erzeugt und können über Silberelektroden abgegriffen werden.
© Xin Chen, Xiaojing Mu & Ya Yang
Chongqing (China)/Peking (China) - Etwa 31000 Windräder produzieren an Land und auf See mit gut 132 Milliarden Kilowattstunden in Deutschland mehr Strom als jeder andere Kraftwerkstyp. Effizient arbeiten sie jedoch erst bei kräftigen Winden. Mit deutlich geringeren Windgeschwindigkeiten kommt dagegen ein Mini-Windkraftwerk aus, das nun chinesische Entwickler in der Fachzeitschrift „Cell Reports Physical Science“ präsentieren. Es besteht aus zwei flatternden Plastikfolien, die sich schon ab Windstärke 1 immer wieder berühren und dabei elektrostatisch aufladen. Die elektrischen Ladungen können als Strom abgegriffen werden. Dieser reichte in ersten Versuchen aus, um ein Areal aus 100 Leuchtdioden hell flackern zu lassen.

„Mit diesem Minikraftwerk lässt sich jeder Windhauch im Alltag nutzen“, sagt Ya Yang vom Institute of Nanoenergy and Nanosystems der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking. Zusammen mit Kollegen der Chongqing University konzipierte er ein Windkraftwerk von wenigen Zentimetern Größe. In einem kleinen Zylinder montierten sie zwei parallel ausgerichtete Plastikfolien. Diese bestanden aus dem flexiblen Kunststoff Polyvinylidenfluorid (PVDF), das die Forscher mit einem hauchdünnen Silberfilm als Elektrode und zusätzlich mit fluoriniertem Polyethylenpropylen (FEP) beschichteten. Flatterten diese beiden Streifen nebeneinander im Windstrom, berührten sie sich regelmäßig. Bei jedem Kontaktverlust bildeten sich über den tribolektrischen Effekt auf der Oberfläche elektrostatische Ladungen, die über die Silberelektrode in einen Stromkreislauf gespeist werden konnten.

„Setzt man unser Minikraftwerk auf einen Arm, reicht der Luftzug beim Schwingen des Arms aus, um Strom zu erzeugen“, sagt Ya Yang. In einem kleinen Windkanal mit einem variabel einstellbaren Fön ermittelten die Forscher die Stromausbeute exakter. So konnte bereits in einer schwachen Brise von 1,6 Metern pro Sekunde – Windstärke 1 – ein Strom gemessen werden. Mit einem relativ hohen Wirkungsgrad für solche triboelektrischen Generatoren von 3,23 Prozent stieg die Ausbeute bei acht Metern pro Sekunde – Windstärke 4 – auf 2,5 Milliwatt bei einer Spannung von 175 Volt an. Bei dieser Windstärke flatterten die Plastikstreifen relativ gleichmäßig, so dass sie sich häufig berührten und wieder trennten.

So gering diese Stromausbeute sein mag, reichte sie aus, um ein Areal von 100 Leuchtdioden kontinuierlich aufflackern zu lassen. Auch ein kleiner Kondensator ließ sich mit dem Minikraftwerk binnen weniger Minuten aufladen. So taugt dieses Kraftwerk prinzipiell zum Betrieb von Sensoren oder als zusätzliche Stromquelle für mobile Elektronik. Für Anwendungen etwa an der Kleidung oder auf Wanderrucksäcken planen die Forscher, noch kleinere und zugleich effizientere Minikraftwerke zu entwickeln. Doch Ya Yang kann sich auch sehr viel größere Varianten mit einige Quadratmeter großen Plastikflaggen vorstellen. „Ich hoffe, diese Kraftwerke auf eine Leistung von bis zu 1000 Watt vergrößern zu können“, sagt der Forscher. Dann könnten solche Kraftwerke an Orten eingesetzt werden, die für klassische Windräder nicht geeignet sind. ‑„Wir können sie dann in die Berge oder auf die Dächer von Gebäuden für eine nachhaltige Stromerzeugung setzen“, sagt Yang.

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