Wie der erste Kaiser von China sein Reich besiedelte
Qin Shihuangdi (259 bis 210 vor unserer Zeit) hatte die sechs streitenden Reiche Zhao, Yen, Wei, Han, Chi und Chu seinem eigenen Reich Chin unterworfen und damit das chinesische Reich begründet, dessen erster Kaiser er wurde. Er war es, der die chinesische Mauer errichten und der sich eine Armee von lebensgroßen Terrakotta-Soldaten für sein Grabmal erschaffen ließ. Sein Ehrgeiz und seine Visionen wuchsen sich am Ende seines Lebens zu einer Geisteskrankheit aus.
Gemäß den historischen Quellen besuchte Shihuangdi im Jahr 219 das Langya-Gebirge an der südöstlichen Küste von Shandong. Davon soll er so "entzückt" gewesen sein, dass gleich drei Monate blieb und anordnete, dass 30.000 Familien - also etwa 150.000 Menschen - in diese Region ziehen sollten. "Sein Befehl, die Region zu kolonisieren, entsprang aber nicht nur einer Laune", erklärt Gary Feinman vom Field Museum in Chicago. "Er wollte wahrscheinlich, dass Leute, die ihm ergeben waren, in diese unwirtliche Gegend am Ende seines Reiches ziehen. Er hatte eine Strategie zur Einigung Chinas im Sinn, und jetzt war er dabei, seine Herrschaft zu konsolidieren und damit den Grundstein für das heutige moderne China zu legen."
Die Region war jedoch nicht, wie man bisher glaubte, zu Shihuangdis Zeit menschenleer. Gary Feinman und seine Kollegen Linda Nicholas und Fang Hui haben einen archäologischen Survey in der Region unternommen und dabei zahlreiche Tonscherben und Steinwerkzeuge gefunden, die sich bis ins dritte Jahrtausend vor unserer Zeit zurückdatieren lassen. Mit der Ansiedlung der 30.000 Familien entstanden jedoch zahlreiche Städte und Dörfer. Auch diese dichte Besiedlung, die auf Shihuangdi zurückgeht, lässt sich archäologisch - und nicht nur in lobhudelnden zeitgenössischen Chroniken - nachweisen.