Wie der Körper Alzheimer-Proteine entsorgt

Extrazellulär abgelagerte Beta-Amyloide werden – wie auch andere fehlgefaltete Proteine – mit Hilfe von Chaperonen in das Zellinnere transportiert und in Lysosomen zerstört
Fluoreszenzmarkierte Komplexe aus Clusterin und fehlgefaltetem Protein auf der Oberfläche der Zellmembran
Fluoreszenzmarkierte Komplexe aus Clusterin und fehlgefaltetem Protein auf der Oberfläche der Zellmembran
© Eisuke Itakura
Chiba (Japan) - Neugebildete Proteine müssen zunächst durch Faltung der Molekülkette eine bestimmte räumliche Struktur annehmen, bevor sie ihre jeweilige Funktion erfüllen können. Dabei hilft die Anlagerung eines anderen Proteins, eines so genannten Chaperons, das fehlerhafte Faltungen verhindert. Wenn das nicht gelingt, wird das Protein enzymatisch zerstört, damit es keine Schäden verursacht. Versagt diese Qualitätskontrolle, können fehlgefaltete Proteine Ablagerungen innerhalb oder außerhalb von Zellen bilden, die zu neurodegenerativen Erkrankungen oder Autoimmunkrankheiten führen. Jetzt haben japanische Forscher einen Mechanismus entdeckt, durch den solche Ablagerungen außerhalb der Zelle verhindert werden. Demnach transportiert ein Chaperon fehlerhafte Proteine durch die Zellmembran in das Zellinnere, wo sie unschädlich gemacht werden, berichten die Biologen im „Journal of Cell Biology“. Sie halten es für möglich, diesen Prozess zu verstärken und so die fortschreitenden Ablagerungen von Beta-Amyloiden im Gehirn von Alzheimer-Patienten zu stoppen.

„Etwa elf Prozent aller menschlichen Proteine existieren außerhalb von Zellen und sind dort verstärkt Stressfaktoren ausgesetzt, die eine fehlerhafte Molekülfaltung verursachen könnten“, sagt Eisuke Itakura von der Chiba University. Im gesunden Gewebe sorgt ein bisher unbekannter Schutzmechanismus dafür, dass solche missgebildeten Proteine entsorgt werden, bevor sie Schaden anrichten. Es war bekannt, dass sich das Chaperon Clusterin an das bei der Alzheimer-Demenz zwischen den Hirnzellen abgelagerte Beta-Amyloid-Peptid und andere fehlerhaft gefaltete Proteinverbindungen außerhalb von Zellen anlagert. Was danach geschieht, blieb aber ungeklärt.

In Versuchen mit Kulturen menschlicher Zellen entwickelten die Forscher zunächst einen Fluoreszenztest, mit dem sie mikroskopisch nachweisen konnten, dass das Chaperon fehlgefaltete Proteine durch die Zellmembran in die Zelle eskortiert, wo sie durch Verdauungsenzyme in den Lysosomen zerstört werden. Zusätzlich identifizierten die Biologen auch ein Protein in der Zellmembran, den Heparansulfat-Rezeptor, der die Passage in das Zellinnere ermöglicht. Clusterin war in der Lage, unterschiedliche fehlerhaft gefaltete Proteine in das Innere ganz verschiedener Zelltypen zu transportieren. „Deshalb vermuten wir, dass dieser Reaktionsweg als generelles Qualitätskontrollsystem für missgebildete extrazelluläre Proteine dient“, sagt Itakura.

Die Forscher wollen nun versuchen, das Chaperon so zu verändern, dass sich dessen vergleichsweise geringe Effizienz beim Abtransport von Alzheimer-Amyloiden erhöht. Dann wären Clusterin-Injektionen in das Gehirn eine neue Möglichkeit, die Alzheimer-Demenz zu behandeln. In Experimenten mit Ratten ist es anderen Wissenschaftlern bereits gelungen, das Absterben von Hirnzellen durch Beta-Amyloide zu verhindern.

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