Wie das Eheleben das Körpergewicht des Mannes beeinflusst

„Um die richtigen Entscheidungen für Gesundheit und Wohlbefinden treffen zu können, ist es wichtig zu verstehen, welche sozialen Faktoren eine Gewichtszunahme beeinflussen könnten“, sagt Joanna Syrda von der University of Bath. Dazu seien auch Einflüsse von Bedeutung, die mit Ehe und Elternschaft zusammenhängen. Sie wertete Daten einer amerikanischen Langzeitstudie aus. In der Zeit von 1999 bis 2013 gaben 8729 Männer unter 65 Jahren alle zwei Jahre Auskunft über ihren Familienstand sowie Größe und Gewicht, woraus sich der Body-Mass-Index (BMI) ermitteln ließ. Während des Untersuchungszeitraums heirateten 24 Prozent der Männer, 39 Prozent wurden Vater und 12 Prozent ließen sich scheiden.
Die Ergebnisse bestätigten zunächst, dass verheiratete Männer im Schnitt einen höheren BMI haben als gleichaltrige Ledige. In der aktuellen Studie machte das allerdings nur einen Unterschied im Körpergewicht von durchschnittlich 1,4 kg aus. Verschiedene, sich nicht ausschließende Theorien könnten die Gewichtszunahme erklären. Der Heiratsmarkt-Theorie zufolge lässt in der Ehe der Ansporn nach, sich durch körperliche Aktivität fit zu halten und auf ein attraktives Aussehen zu achten. Eine andere Theorie besagt, dass regelmäßige und reichhaltigere Mahlzeiten, die zusammen mit der Ehefrau oder im größeren Familienkreis eingenommen werden, die tägliche Kalorienzufuhr erhöhen. Das wäre auch der Grund dafür, dass sich die BMI-Werte von Mann und Frau in der Ehe meist auf dieselbe Weise verändern. „Um zu verstehen, warum der BMI von Männern nach der Heirat steigt, muss man auch den Einfluss der Vaterschaft untersuchen“, erklärt Syrda. Wie ihre Studie zeigt, ändert sich das Körpergewicht eines Mannes in der Zeit der Schwangerschaft seiner Frau nicht. Doch in den ersten vier Jahren nach der Geburt ist der BMI erhöht, möglicherweise weil in dieser Zeit sportliche Aktivitäten noch mehr eingeschränkt werden. Eine andere Ursache dafür könnte der vorübergehend sinkende Testosteronspiegel zu Beginn einer Vaterschaft sein, der eine Zunahme des Körpergewichts begünstigt.
Kurz vor und nach einer Scheidung verringert sich der BMI. Das könnte einerseits eine generelle Reaktion auf die starke psychische Belastung in dieser Lebenssituation sein. Andererseits ist bekannt, dass andere Formen von Stress wie finanzielle Probleme oder der Bruch einer Freundschaft oft mit einer Zunahme des Körpergewichts verbunden sind. Andere Studien hätten ergeben, so Syrda, dass der Zusammenhang zwischen BMI und Familienstand in verschiedenen Ländern unterschiedlich eng ist. So steige bei deutschen Männern das Körpergewicht nach der Heirat besonders stark an, bei Spaniern zum Beispiel deutlich weniger. Gleichzeitig sei die Scheidungsrate in Deutschland viel geringer als in Spanien. Daher könnte die Heiratsmarkt-Theorie auch für diese Daten eine plausible Erklärung liefern: In einer Gesellschaft mit höherer Scheidungsrate beteiligen sich Ehemänner mit größerer Wahrscheinlichkeit erneut an der Partnersuche und achten daher auch in der Ehe mehr darauf, Übergewicht zu vermeiden.