Wie Mikroben Pflanzen angreifen

Ziel sind relativ wenige Proteine in der Pflanze - Ergebnisse aus der Botanik in die Medizin übertragbar
Chapel Hill (USA) - Auf eine überraschend geringe Anzahl von Zielen in der Zelle haben es Krankheitserreger wie Bakterien und Pilze bei Pflanzen abgesehen. Das schreibt eine Gruppe internationaler Forscher im Wissenschaftsmagazin "Science". Zwar erscheint die Zahl der angegriffenen 165 Proteine zunächst relativ hoch - und die Erforschung der Zusammenhänge immer noch reichlich kompliziert. Setzt man diese Zahl jedoch den insgesamt 27.000 Proteinen in einer Pflanze gegenüber, relativiert sich dieser erste Eindruck. Darüber hinaus können die Ergebnisse auf Abläufe von Infektionen beim Menschen hinweisen.

"Das ist ein ganz massiver Fortschritt im Verständnis der Mechanismen, die hinter der evolutionären Schlacht zwischen Pflanzen und Krankheitserregern stecken", hebt Jeff Dangl hervor. Der leitende Studien-Autor von der University of North Carolina ist ein Experte in der noch jungen biologischen Disziplin "Interaktomik". Dieser Begriff umschreibt das Zusammenspiel von Zehntausenden Proteinen in Zellen, um lebensnotwendige Abläufe zu steuern. Bei Pflanzen gehören dazu beispielsweise das Wachstum, die Fortpflanzung, Reaktionen auf Licht sowie die Aufnahme von Wasser und Nährstoffen.

Aber Dangl und seine Kollegen gingen in der aktuellen Studie noch weiter: Sie untersuchten nicht nur dieses Zusammenspiel in einer Lieblingspflanze der Genetiker, der Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana). Vielmehr verbanden sie das Interaktom der Pflanze auch mit denen von Krankheitserregern. Dabei konzentrierten sich die Forscher auf zwei unterschiedliche Feinde von Arabidopsis - ein Bakterium und einen Pilz. Beide leben zwischen den Pflanzenzellen und können ihren Wirt zu ihren Zwecken umprogrammieren. Zu ihrem Erstaunen fanden die Wissenschaftler heraus, dass sich die beiden Krankheitserreger dabei lediglich auf 165 Proteine konzentrieren.

"Das bedeutet, dass die Erreger bei ihrem Überfall relativ wenige Ziele attackieren, um einzudringen und Abwehrmechanismen auszuschalten", sagt Dangl. Diese Erkenntnis erleichtere nun die Entwicklung von Gegenmaßnahmen, ist sich der Forscher sicher. Außerdem sei es jetzt besser möglich, umweltverträgliche Mittel gegen verheerende Krankheitserreger zu entwickeln, die jährlich Millionen Tonnen von Nahrungspflanzen vernichten. Aber nicht nur das: "Eine Kombination der Interaktomik mit Labor-Experimenten kann zu neuen Ansätzen führen, um generell zu verstehen, wie Erreger und ihre Zielorganismen interagieren", betont James Anderson. Der Mitarbeiter der amerikanischen National Institutes of Health meint: "Obwohl sich diese Studie auf Pflanzen bezieht, weist sie doch auf fundamentale Prinzipien hin. Diese können uns helfen, die Reaktion des menschlichen Körpers auf Infektionen zu begreifen und neue therapeutische Strategien zu entwickeln."

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Quelle: "Independently Evolved Virulence Effectors Converge onto Hubs in a Plant Immune System Network", M. Shahid Mukhtar et al.; Science, Volume 333, Seiten 596-601; doi: 10.1126/science.1203659


 

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