Wie Kolibakterien hartnäckige Harnwegsinfektionen auslösen
„Ziel unserer Arbeit war es, mögliche Mechanismen zu finden, durch die uropathogene E. coli-Bakterien (UPEC) bewirken, dass sich Zellen der Blasenwand ablösen“, sagt Matthew Mulvey von der University of Utah in Salt Lake City. UPEC-Bakterien können in Zellen der Harnblase eindringen und sich im Zellinnern vermehren. Lösen sich Zellen von der Blasenwand ab, werden sie durch neue ersetzt. Unklar ist, ob das Abtrennen von infizierten Zellen mehr dem Wirt oder mehr dem Erreger nützt: Der Mensch wird dadurch einen Teil der Bakterien los, die Bakterien können sich so weiter ausbreiten. In den Zellen sind die Mikroben vor Antibiotika weitgehend geschützt. Anstatt sich zu vermehren, können sie dort auch längere Zeit in einem Ruhezustand verbringen und später wieder aktiv werden. Das ist zumindest eine der Ursachen für einen chronischen oder wiederkehrenden Verlauf der Harnwegsinfektion.
In Experimenten mit Blasenwandzellen stellten Matthew Mulvey und Bijaya Dhakal fest, dass nur solche UPEC-Bakterien, die das Toxin alpha-Hämolysin produzieren, das Ablösen von Zellen aus dem Zellverband bewirken können. Das Toxin sorgt über die Aktivierung eines eiweißspaltenden Enzyms für den Abbau des Proteins Paxillin. Ohne Paxillin lockert sich die Bindung zwischen den Einzelzellen. Zudem entdeckten die Forscher, dass alpha-Hämolysin auch die Inaktivierung von Proteinen in bestimmten Immunzellen, den Makrophagen, stimuliert und dadurch deren Abwehrfunktion schwächt. „Harnwegsinfektionen durch alpha-Hämolysin-produzierende UPEC-Stämme verursachen stärkere klinische Symptome und Gewebeschäden als andere UPEC-Stämme”, sagt Mulvey. Die Toxinproduktion, so die Forscher, könnte auch bei anderen durch E. coli ausgelösten Infektionen eine wichtige, bisher unbekannte Rolle spielen.