Wie Flocken durch die Luft taumeln

Pfiffiges Laborexperiment zeigt komplexes dynamisches Verhalten von fallenden Partikeln in der Atmosphäre
Ein durch 3D-Druck künstlich erzeugter Partikel von 700 Mikrometer Breite, der einem Eiskristall ähnelt. Er wird auf der Spitze einer Injektionsnadel platziert, bevor er in die Kammer zur Beobachtung des Schwebverhaltens fällt.
Ein durch 3D-Druck künstlich erzeugter Partikel von 700 Mikrometer Breite, der einem Eiskristall ähnelt. Er wird auf der Spitze einer Injektionsnadel platziert, bevor er in die Kammer zur Beobachtung des Schwebverhaltens fällt.
© Johannes Sessing
Göttingen - Keine Schneeflocke gleicht einer anderen. Genauso variantenreich fallen sie auch aus den Wolken zu Boden. Denn je mehr ein Teilchen – egal ob Schneeflocke oder Aschepartikel – von einer idealen Kugelform abweicht, desto eher fällt es mit einer oszillierenden Taumelbewegung. Dieses Phänomen untersuchte nun eine Gruppe europäischer Forschender mit einem ausgeklügelten Messaufbau genauer. Über ihre Ergebnisse, die die Wirkung von Partikeln in der Atmosphäre auf das Klima besser erklären könnten, berichten sie in der Fachzeitschrift „Physical Review Letters“.

Für kontrollierte Bedingungen im Labor fertigte das Team um Mohsen Bagheri vom Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation eine Vielzahl verschiedener Mikropartikel aus Plastik. Mit einem 3D-Drucker stellten sie beispielsweise 50 Mikrometer dünne Scheibchen oder fast einen Millimeter lange Stäbchen her. Diese Teilchen ließen die Forschenden in einer Kammer mit ruhiger Luft fallen. Um die Kammer herum installierten sie vier Hochgeschwindigkeitskameras. Mit diesen Kameras ließen sich die Bewegungen der Teilchen über eine Fallstrecke von etwa sechs Zentimetern genau aufzeichnen und danach analysieren.

„Bisher wurden die meisten Studien über das Verhalten solch kleiner Partikel mit Modellen in Flüssigkeiten durchgeführt, da Experimente in Luft extrem schwierig sind“, sagt Mohsen Bagheri. „In unserem Experiment konnten wir die tatsächliche Dynamik nun direkt beobachten, indem wir die Bewegung von Partikeln realer Größe, die viel schwerer sind als das umgebende Medium, gemessen haben.“ So zeigten die Partikel ein oszillierendes Taumeln während des Fallens. Dieses Taumeln wurde mit der Fallstrecke nach und nach schwächer und die die Teilchen richteten sich zunehmend entlang ihrer Längsachse im Luftstrom aus – vergleichbar mit der Orientierung fallender Blätter.

Durch Wind erzeugte Turbulenzen wurden in diesem Experiment vermieden und nicht berücksichtigt. Dennoch kann das beobachtete Taumeln der Partikel das Verhalten von fallenden Schneeflocken, Staubpartikeln oder auch nach einem Vulkanausbruch freigesetzten Ascheteilchen erklären helfen. Denn das Taumeln verlängert die Fallzeit, in der sich kleine Teilchen zu größeren Komplexen zusammenlagern können. Mit dem Taumeln verändert sich auch permanent das Reflexionsverhalten von Sonnenlicht. Ein Effekt, dass die Strahlungsbilanz in der Atmosphäre beeinflussen könnte. So hoffen die Forschenden, dass ihre Ergebnisse zur Verbesserung der Vorhersagen, wie lange sich Schadstoffe in der Atmosphäre aufhalten oder wie Niederschläge in Wolken entstehen, beitragen.

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