Wie Bakterien gefährliche Biofilme auf künstlichen Herzklappen bilden
"Unsere Forschung ist ein erster wichtiger Schritt, der dabei hilft, Infektionen von Herzimplantaten durch Staphylococcus aureus zu verstehen und vielleicht auch zu verhindern", sagt Vance Fowler von der Duke University in Durham. Zusammen mit Steven Lower von der Ohio State University und Kollegen untersuchte er im Labor, wie sich Staphylococcus aureus-Bakterien an eine künstliche Oberfläche anheften. Dazu wurden Objektträger, die Herzimplantate simulieren sollten, zunächst mit dem Protein Fibronektin beschichtet. Dieses Blutprotein lagert sich auch bei Patienten auf einem Implantat ab und bildet die Andockstelle für Bakterien. Staphylokokken tragen auf ihrer Zellwand ein sogenanntes Fibronektin-bindendes Protein A, das über chemische Bindungskräfte eine Anlagerung der Bakterien an die Proteinschicht ermöglicht.
Die Forscher testeten nun die Stärke der Bindung einzelner Bakterienzellen mit Hilfe eines Rasterkraftmikroskops. Dabei ermittelten sie die Kraft, die notwendig ist, um einen Kontakt zwischen dem Bakterium und der Oberfläche wieder zu lösen. Auf diese Weise wurden die Werte von 80 verschiedenen Staphylococcus aureus-Stämmen gemessen. Die meisten davon stammten aus Patienten, bei denen diese Bakterien nach Einsatz eines Herzimplantats im Blut nachgewiesen wurden. Bei einigen der Patienten hatte sich ein Biofilm auf dem Implantat gebildet, bei den anderen nicht. Eine dritte Gruppe von Bakterien stammte aus der Nase gesunder Patienten.
Ein Vergleich der Messwerte ergab, dass die Bakterien der Stämme, die Biofilme gebildet hatten, stärker an der künstlichen Oberfläche hafteten als die anderen. Ursache dafür waren Mutationen, die zu einer leicht veränderten chemischen Struktur des Fibronektin-bindenden Protein A geführt hatten. Computersimulationen bestätigten, dass ein Austausch einzelner Aminosäuren im bakteriellen Zellwandprotein eine verstärkte Bindung an Fibronektin über Wasserstoffbrücken bewirkt. Das Fibronektin-bindende Protein A sei allerdings nur eines von etwa zehn Proteinen, die den Bakterien das Andocken ermöglichen, sagt Lower. Außerdem wäre es möglich, dass auch Varianten des menschlichen Fibronektin die Bindung der Staphylokokken beeinflussen könnten.
Eine Infektion von Herzschrittmachern, künstlichen Herzklappen oder anderen Implantaten durch Biofilm-bildende Bakterien kann eine lebensbedrohliche Endokarditis verursachen. Zu den Erregern zählen neben Staphylococcus aureus auch andere Arten von Staphylokokken sowie Streptokokken und andere Mikroben. Die Bakterien lassen sich oft nicht mehr durch Antibiotika abtöten, da die Medikamente nicht in den Biofilm eindringen können. Dann besteht die einzige Therapie darin, das Implantat wieder zu entfernen und durch ein neues zu ersetzen. Daher suchen Forscher nach Materialien oder Medikamenten, die die Entstehung eines Biofilms verhindern, indem sie bereits den ersten Kontakt zwischen Bakterium und Implantat blockieren.