Wie Bakterien die Immunabwehr lähmen

Auch nach dem Tod der Erreger bleibt das Immunsystem geschwächt - solange, bis auch Bestandteile der Bakterienzellwand abgebaut sind
Dallas (USA) - Um eine bakterielle Infektion erfolgreich abzuwehren, genügt es nicht, die Mikroben zu töten. Erst wenn auch bestimmte Bestandteile der Bakterienzellwand zerstört sind, kann die Immunabwehr wieder normal funktionieren, berichten amerikanische Forscher. Sie untersuchten Mäuse, denen ein Enzym zum Abbau bakterieller Lipopolysaccharide (LPS) fehlt. LPS wirken als Signal, das die angeborene Immunabwehr aktiviert und Entzündungsreaktionen auslöst. Nach einer simulierten Erstinfektion blieben die genetisch veränderten Tiere deutlich längere Zeit anfällig für neue Infektionen als normale Mäuse. Die Ergebnisse könnten dazu beitragen, Patienten mit einer Sepsis durch Aktivierung des LPS abbauenden Enzyms wirksamer zu behandeln, schreiben die Mediziner im Fachblatt "Cell Host & Microbe".

"Mäuse, die das Enzym Acyloxyacyl-Hydrolase (AOAH) nicht mehr bilden können, bleiben unfähig, weitere Infektionen zu bekämpfen", sagt Mingfang Lu aus dem Forschungsteam von Robert Munford vom University of Texas Southwestern Medical Center in Dallas. Es ist bekannt, dass bei Tieren und Menschen eine Infektion mit Escherichia coli oder anderen gramnegativen Bakterien die Aktivität des Immunsystems eine zeitlang unterdrückt. Damit will der Organismus möglicherweise Schäden durch überschießende Entzündungsreaktionen vermeiden. Erst wenn die entzündungsfördernden LPS der bereits getöteten Bakterien durch das Enzym AOAH zerstört worden sind, erlangt die Immunabwehr ihren aktiven Zustand zurück. Auf welche Weise diese Regulation erfolgt, ist noch nicht bekannt.

Die Forscher injizierten LPS oder LPS bildende Bakterien in die Bauchhöhle von Mäusen. Zwei Wochen später infizierten sie die Tiere mit aggressiven Varianten von E. coli. Fast alle Mäuse, die mithilfe des Enzyms AOAH in der Lage waren, LPS abzubauen, überlebten. Von den genetisch veränderten Tieren, denen das Gen für dieses Enzym fehlte, überlebten nur zehn Prozent. Zwar besitzt auch der Mensch das LPS spaltende Enzym. Man könne aber noch nicht sagen, ob die Ergebnisse direkt auf den Menschen übertragbar sind, sagt Munford. Einer Theorie zufolge produzieren manche Menschen mehr und andere weniger des Enzyms. Das könnte die Dauer der Immunsuppression nach einer schweren Infektion beeinflussen. Vielleicht wäre es möglich, so Munford, über eine Verstärkung der Enzymproduktion denjenigen Patienten zu helfen, die zu wenig Enzym bilden. Eine solche Maßnahme könnte insbesondere dazu beitragen, die lebensbedrohlichen Folgen einer Sepsis schneller zu überstehen.

University of Texas
Quelle: "Host Inactivation of Bacterial Lipopolysaccharide Prevents Prolonged Tolerance Following Gram-Negative Bacterial Infection", Mingfang Lu et al.; Cell Host & Microbe, Vol. 4, p. 293 (2008)


 

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