Weltrekord: Magnetspeicher schaltet in weniger als einer milliardstel Sekunde

Deutsche Physiker legen Grundlage für schnelle Arbeitsspeicher, die sich ihre Daten ganz ohne Strom merken und so das Hochfahren von Computern überflüssig machen können
Bild einer typischen MRAM-Zelle mit einem Durchmesser von etwa 200 Nanometern
Bild einer typischen MRAM-Zelle mit einem Durchmesser von etwa 200 Nanometern
© Hans W. Schumacher, PTB
Braunschweig - 600 Grad heiße Schmelzen und winzige Metallkanäle sind bisher die besten Kandidaten für nichtflüchtige Speicher, welche Daten so schnell verarbeiten sollen wie heutige Siliziumchips. Doch deutsche Physiker verhelfen nun der fast aufgebenenen Technologie von schnellen Magnetspeichern (MRAM) zu einer Renaissance. Sie schalteten über Kreiselbewegungen der Magnetisierung eine Speicherzelle in weniger als einer millionstel Millisekunde. Damit könnten MRAM-Module damit mit den schnellen Schaltprozessen von elektronischen Arbeitsspeichern auf Siliziumbasis konkurrieren, berichten die Forscher in einem zur Veröffentlichung akzeptierten Artikel für die Fachzeitschrift "Physical Review Letters".

"Eine viel versprechende Anwendung unserer Oszillatoren sind per Strompuls schaltbare, nichtflüchtige und magnetische Arbeitsspeicher", schreiben Hans W. Schumacher und seine Kollegen von der Physikalischen-Technischen-Bundesanstalt in Braunschweig (PTB). Mit solchen MRAM-Chips können sich Computer die jeweils letzte Einstellung ganz ohne Stromversorgung merken. Ohne zeitfressendes Hochfahren wären solche Rechner auf Knopfdruck direkt wieder arbeitsbereit. Ein Stand-By-Modus wäre damit überflüssig und bei der Menge der genutzten Computer könnte mit dieser Technologie die Stromleistung ganzer Großkraftwerke eingespart werden.

Die Speicherchips in Digitalkameras zeigen schon heute, dass große Datenmengen ohne permanenten Stromfluss zuverlässig gespeichert werden können. Doch für die Verarbeitung von Daten sind sie viel zu langsam. Diese Hürde überwanden die PTB-Forscher nun mit einer so genannten Spin-Torque-Speicherzelle. Ein winziger, Strompuls, der zusammen mit einem externen Magnetfeld kürzer als eine Nanosekunde auf das Labormuster wirkte, beeinflusste die Drehung einer magnetischen Speichereinheit. Während dieser Präzessionsbewegung konnte die Ausrichtung der Magnetisierung innerhalb der Speicherzelle gezielt verändert werden. Das entspricht dem Umschalten zwischen den digitalen Basiswerten "0" und "1".

Der Prototyp der PTB-Speicherzelle ist heute noch ein aufwändig gefertigtes Einzelstück aus zahlreichen, hauchdünnen Metallschichten aus Tantal, Kupfernitrid, Kobalt-, Ruthenium- und Platin-Legierungen. Diese wurden in winzigen Säulen mit isolierenden Barrieren aus Magnesiumoxid angeordnet. Reif für den Einsatz in einem MRAM-Chip sind sie bisher noch nicht. Dennoch ist mit diesem Ergebnis das Rennen um die beste Technologie für nichtflüchtige Arbeitsspeicher wieder offen. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob sich heiße Phasenwechsel-Speicherzellen, schaltbare Metalloxide oder eben die neuen magnetischen Speichereinheiten durchsetzen werden. Da ein Multimilliarden-Markt lockt, lohnen sich die unterschiedlichen Anstrengungen allemal.

Physical Review Letters, PTB
Quelle: "Quasi-ballistic spin torque magnetization reversal", S. Serrano-Guisan et al.; Physical Review Letters 33 (2008)

Volltext ArXiv.org: http://aps.arxiv.org/abs/0804.4840



 

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