Wegweiser für Schmetterling: Pflanzenduftstoff zeigt Ameisennest an

Ein und derselbe pflanzliche Naturstoff erweist sich als vorteilhaft für den Schmetterling und nachteilig für die Knotenameisen, schreiben Jeremy Thomas von der University of Oxford und Kollegen aus Italien, Dänemark und Deutschland. Die Freisetzung der leicht flüchtigen Substanz Carvacrol ist für die Pflanze sowohl eine Abwehrmaßnahme als auch ein SOS-Signal und für den Bläuling ein Wegweiser zum optimalen Futterplatz der Raupen. Dabei dürfte der Nutzen für die Pflanze größer sein als der Fraßschaden, den die jungen Raupen zunächst anrichten, vermuten die Forscher. Das auch in verschiedenen anderen Pflanzen enthaltene Carvacrol ist für seine abtötende Wirkung auf Insekten, Pilze und andere Lebewesen bekannt. Auf welche Weise die frisch geschlüpften Bläulingsraupen vor diesem Giftstoff geschützt sind, wurde noch nicht untersucht.
Für ihre Beobachtungen pflanzten die Biologen jeweils vier Oreganopflanzen (Origanum vulgare) in insgesamt zwölf Terrarien, wovon sechs jeweils zusätzlich ein Nest von Knotenameisen (Myrmica sabuleti oder Myrmica scabrinodis) enthielten. Wenn die Ameisen mit ihrem Nestbau in die Wurzelzone einer Pflanze vordrangen, reagierte die Pflanze mit einer verstärkten Freisetzung von Carvacrol. Die meisten Ameisenarten werden dadurch abgeschreckt, wie andere Versuche gezeigt haben. Nur Myrmica-Arten erwiesen sich als ungewöhnlich widerstandsfähig. Diese Knotenameisen schützen sich, indem sie spezielle Verbindungen produzieren, die das Carvacrol inaktivieren. Das ermöglicht es ihnen, im Wurzelbereich von Oreganopflanzen zu leben, ohne sich gegen die Konkurrenz von Ameisen anderer Gattungen wehren zu müssen. Im Lauf der Evolution lernte der Schwarzgefleckte Bläuling offenbar, gezielt solche Wirtspflanzen zur Eiablage auszuwählen, die große Mengen an Carvacrol freisetzen und damit die Existenz eines Myrmica-Nestes anzeigen.