Was schlafende Bakterien aufweckt
Im Ruhezustand seien Bakterien praktisch unverwundbar, da Antibiotika in der Regel Stoffwechselprozesse blockieren und daher nur wachsende Bakterien abtöten, sagt Jonathan Dworkin von der Columbia University in New York. "Aber wenn ein Antibiotikum schlafende Bakterien am Aufwachen hindern könnte, wäre die Wirkung so, als würde es sie töten." Dworkin und seine Kollegen haben inaktive Sporen von Bacillus subtilis durch Zellwandbestandteile aus Nährlösungen wachsender Bakterien zur Keimung angeregt. Sie konnten nachweisen, dass bestimmte Molekülbruchstücke, die beim normalen Wachstum in die Nährlösung gelangen, an einem Rezeptorprotein der Sporen ankoppeln und die Keimung auslösen. Nicht nur B. subtilis, auch andere wachsende Bakterienarten setzten solche Substanzen frei, die als Keimsignal wirken. In Gegenwart von Staurosporin, einem Hemmstoff des Rezeptors, unterblieb der Keimprozess.
"Peptidoglykan-Fragmente dienen offenbar einer bisher unbekannten Form der Kommunikation zwischen verschiedenen Bakterienarten, indem sie wahrscheinlich anzeigen, dass wachsende Bakterien in der Nähe sind", schreiben die Forscher. Und wachsende Bakterien sind für Sporen ein Zeichen dafür, dass wieder günstige Umweltbedingungen herrschen und Zeit zum Aufwachen ist. Auch Tuberkuloseerreger, die jahrelang in einem Ruhezustand im menschlichen Körper überdauern können, besitzen ähnliche Rezeptoren wie die von B. subtilis. Ein geeigneter Hemmstoff könnte die Reaktivierung der Bakterien verhindern und so vor einem Ausbruch der Krankheit schützen - beispielsweise wenn im Alter die Immunabwehr nachlässt. Die Funktion des Rezeptors, so die Forscher, könnte auch erklären, warum viele Mikroben an ihrem natürlichen Standort generell nur dann wachsen, wenn noch andere Bakterien in der Nähe sind.