Warum sich Salmonellen so schnell im Darm vermehren

Salmonellen nutzen Abwehrreaktionen ihres Wirtes aus, um sich auf einen effizienteren Energiestoffwechsel umzustellen und so ihre Vermehrung zu beschleunigen
Gefärbte rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von Salmonella typhimurium in einer Kultur menschlicher Zellen
Gefärbte rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von Salmonella typhimurium in einer Kultur menschlicher Zellen
© Rocky Mountain Laboratories, NIAID / NIH
Davis (USA) - Wenn Salmonellen in den Darm gelangen, lösen sie Entzündungsreaktionen der Immunabwehr aus. Doch dadurch wird die Infektion nicht gestoppt, sondern sogar gefördert, haben amerikanische Mikrobiologen jetzt festgestellt. Die von Immunzellen freigesetzten reaktiven Sauerstoffverbindungen führen dazu, dass im Darm Tetrathionat entsteht. Diese Schwefelverbindung können die Salmonellen im Gegensatz zu allen anderen Darmbakterien nutzen, um ihre Energieproduktion durch eine spezielle Form der Atmung zu steigern. Dadurch vermehren sich die Erreger viel schneller als die übrigen Keime, die ihre Energie nur durch Gärung gewinnen. Als Alternative zu Antibiotika könnten Wirkstoffe, die Entstehung und Nutzung von Tetrathionat blockieren, eine Salmonelleninfektion verhindern, schreiben die Forscher im Fachjournal "Nature".

"Indem sie ihren Wirt dazu anregen, Tetrathionat zu produzieren, sind die Salmonellen in der Lage, im Darm zu 'atmen'. Das verschafft ihnen einen enormen Vorteil gegenüber den normalen Darmbakterien", sagt Sebastian Winter aus dem Forscherteam von Andreas Bäumler an der University of California in Davis. In Experimenten mit Mäusen und Laborkulturen von Salmonella Typhimurium konnten die Forscher erklären, wie es den Duchfallerregern gelingt, sich gegen die übergroße Konkurrenz der anderen Darmkeime durchzusetzen. Wenn die Salmonellen versuchen, die Darmwand zu durchdringen, setzen Immunzellen als Abwehrreaktion reaktive Sauerstoffverbindungen frei, die die Eindringlinge abtöten sollen. Dabei werden aber auch Schwefelverbindungen, so genannte Thiosulfate, die bei der Verdauung im Darm entstehen, zu Tetrathionat oxidiert. Diese Substanz können Salmonellen als Sauerstoffersatz nutzen und so ihre Energieerzeugung von Gärung auf Atmung umstellen. Die übrigen Darmbakterien sind dazu nicht fähig und bleiben auf die wesentlich schlechtere Energiebilanz der Gärung angewiesen. Die Mikrobiologen wussten zwar schon lange, dass Tetrathionat das Wachstum von Salmonellen fördert, aber niemand ahnte, dass diese Verbindung auch im Darm vorliegt.

"Unsere Ergebnisse sind ein wichtiger, erster Schritt zur Entwicklung neuer Medikamente gegen nahrungsbedingte Salmonelleninfektionen", sagt Bäumler. Er sucht nun nach Wirkstoffen, die gegen die Schwefelverbindungen im Darm gerichtet sind und dadurch die Vermehrung der Salmonellen erschweren. Ziel wäre eine neue Form der antibakteriellen Therapie - ganz ohne Antibiotika. Salmonellen gelangen mit verunreinigten Nahrungsmitteln - hauptsächlich durch Eier und Fleischprodukte - in den Darm. Die Entzündungsreaktionen lösen, je nach Erregertyp, mehr oder weniger starke Durchfälle aus. Auch das geschieht zum Vorteil der Bakterien, die dadurch ihre Verbreitung sichern. Gesunde Erwachsene haben eine Salmonelleninfektion meist auch ohne antibiotische Behandlung nach einigen Tagen überstanden. In schweren Fällen können Antibiotika verabreicht werden. Diese schädigen aber auch die normalen Darmbakterien und erschweren daher die Regeneration einer gesunden Darmflora.

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Quelle: "Gut inflammation provides a respiratory electron acceptor for Salmonella", Sebastian E. Winter et al.; Nature, Vol. 467, p. 426, doi: 10.1038/nature09415


 

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