Warum man nachts nicht müssen muss – normalerweise

Die innere Uhr erhöht die Urin-Speicherkapazität während des Schlafs, indem sie die Aktivität eines Proteins in den Muskelzellen der Blase reguliert
Kyoto (Japan) - Unsere Harnblase speichert nachts mehr Urin als tagsüber und sorgt damit normalerweise für einen ungestörten Schlaf. Wie die unterschiedliche Speicherkapazität reguliert wird, haben japanische Forscher jetzt aufgeklärt. Demnach spielt ein Protein in den Blasenmuskelzellen bei der Regulation der Blasenentleerung über den Harndrang eine zentrale Rolle. Seine im Tagesrhythmus schwankende Produktion wird direkt von der inneren Uhr gesteuert, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal „Nature Communications“. Genetisch veränderte Mäuse, die nur geringe Mengen des Proteins bilden konnten, urinierten häufiger auch während ihrer Schlafphase. Ein Defekt der inneren Uhr könnte einer der Gründe dafür sein, dass viele ältere Menschen nachts öfter raus müssen.

„Während des nächtlichen Schlafs einer gesunden Person wird weniger Urin produziert und mehr in der Blase gespeichert als tagsüber“, erklären Osamu Ogawa von der Kyoto University und Kollegen. Wie oft wir unsere Blase leeren müssen, hängt also nicht nur von der zugeführten Flüssigkeitsmenge ab, sondern auch von der Tageszeit. Hier kommt die innere Uhr ins Spiel, die in jeder Körperzelle tickt. Ihr dient der natürliche Hell-Dunkel-Wechsel als Zeitgeber, um zahlreiche Prozesse in unserem Körper tagesrhythmisch zu steuern.

In Versuchen mit Mäusen stellten die Forscher fest, dass die Menge des Proteins Connexin43 in den Muskelzellen der Harnblase im Rhythmus des Tag-Nacht-Wechsels schwankt. Verglichen mit der Aktivitätsphase wurde im Schlaf mehr davon gebildet und gleichzeitig mehr Urin gespeichert, bevor Nervensignale den Harndrang auslösten. Weitere Untersuchungen bestätigten, dass es eine direkte Verbindung zwischen Bestandteilen der inneren Uhr und der Aktivität des Connexin43-Gens gibt. Genetisch veränderte Mäuse mit verringerter Connexin43-Produktion gaben während der Schlafphase häufiger Urin ab.

Die neuen Ergebnisse könnten erklären, warum Menschen mit überaktiver Blase unter häufigem Harndrang leiden. Und nicht nur bei älteren Menschen, die nachts öfter mal raus müssen, auch bei Kindern, die ins Bett machen, sollte daher eine gestörte Tagesrhythmik als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden. Daraus könnten sich auch neue Behandlungsansätze ergeben. Nach Angaben der Autoren sind mindestens zehn Prozent der Schulkinder Bettnässer und 60 bis 90 Prozent der über 60-Jährigen leiden unter nächtlichem Harndrang.

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Quelle: „Involvement of urinary bladder Connexin43 and the circadian clock in coordination of diurnal micturition rhythm“, Hiromitsu Negoro et al.; Nature Communications, DOI: 10.1038/ncomms1812


 

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