Warum man nachts nicht müssen muss – normalerweise
„Während des nächtlichen Schlafs einer gesunden Person wird weniger Urin produziert und mehr in der Blase gespeichert als tagsüber“, erklären Osamu Ogawa von der Kyoto University und Kollegen. Wie oft wir unsere Blase leeren müssen, hängt also nicht nur von der zugeführten Flüssigkeitsmenge ab, sondern auch von der Tageszeit. Hier kommt die innere Uhr ins Spiel, die in jeder Körperzelle tickt. Ihr dient der natürliche Hell-Dunkel-Wechsel als Zeitgeber, um zahlreiche Prozesse in unserem Körper tagesrhythmisch zu steuern.
In Versuchen mit Mäusen stellten die Forscher fest, dass die Menge des Proteins Connexin43 in den Muskelzellen der Harnblase im Rhythmus des Tag-Nacht-Wechsels schwankt. Verglichen mit der Aktivitätsphase wurde im Schlaf mehr davon gebildet und gleichzeitig mehr Urin gespeichert, bevor Nervensignale den Harndrang auslösten. Weitere Untersuchungen bestätigten, dass es eine direkte Verbindung zwischen Bestandteilen der inneren Uhr und der Aktivität des Connexin43-Gens gibt. Genetisch veränderte Mäuse mit verringerter Connexin43-Produktion gaben während der Schlafphase häufiger Urin ab.
Die neuen Ergebnisse könnten erklären, warum Menschen mit überaktiver Blase unter häufigem Harndrang leiden. Und nicht nur bei älteren Menschen, die nachts öfter mal raus müssen, auch bei Kindern, die ins Bett machen, sollte daher eine gestörte Tagesrhythmik als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden. Daraus könnten sich auch neue Behandlungsansätze ergeben. Nach Angaben der Autoren sind mindestens zehn Prozent der Schulkinder Bettnässer und 60 bis 90 Prozent der über 60-Jährigen leiden unter nächtlichem Harndrang.