Warum ein Schlückchen in Ehren das Herz schützt

Mäßiger Alkoholkonsum aktiviert ein Enzym, das das Herzgewebe bei Sauerstoffmangel vor Schäden bewahrt
Die Herzkranzgefäße (Koronararterien) versorgen den Herzmuskel mit Blut
Die Herzkranzgefäße (Koronararterien) versorgen den Herzmuskel mit Blut
© aus: Le Corset von O'Followell (1908)
Stanford (USA) - Viele Herzkrankheiten werden durch mangelnde Durchblutung verursacht, die das Gewebe absterben lässt. Amerikanische Forscher haben jetzt einen Wirkstoff gefunden, der solche Herzschäden verringert - bei Ratten bislang. Er aktiviert ein Enzym, das giftige Stoffwechselprodukte beseitigt. Das gleiche Enzym wird auch durch mäßigen Alkoholkonsum stimuliert. Der Wirkstoff könnte nicht nur bei Bypass-Operationen zum Einsatz kommen, wenn die Blutversorgung von Herzgewebe unterbrochen wird. Er würde auch den Alkoholabbau beschleunigen und damit gegen Kater-Symptome helfen. Denkbar wäre auch ein Einsatz bei Gewebeschäden durch Sonnenbrand oder bei neurodegenerativen Erkrankungen, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Science".

"Obwohl das Enzym bereits vor langer Zeit entdeckt wurde, wussten wir darüber nur, dass es hilft, konsumierten Alkohol abzubauen", sagt Daria Mochly-Rosen von der Stanford University. Doch in ihren Experimenten mit Ratten stellten sie und ihre Kollegen überrascht fest, dass eine verstärkte Aktivität des Enzyms Aldehyd-Dehydrogenase-2 (ALDH2) die Gewebeschäden nach einem Herzinfarkt stark verringert. Diese Schutzwirkung beruht auf einer beschleunigten Umsetzung giftiger Aldehyde, die sich bei mangelnder Durchblutung ansammeln. Aldehyde entstehen beim Abbau von Alkohol, aber auch wenn freie Radikale mit Fettmolekülen reagieren.

Die Forscher suchten nun unter Tausenden von chemischen Substanzen nach niedermolekularen Wirkstoffen, die das Enzym ALDH2 aktivieren. Die Substanz Alda-1 erwies sich als besonders effektiv. Bei damit vorbehandelten Ratten verringerten sich die Gewebeschäden nach einem Herzinfarkt um 60 Prozent. Die Experimente erklärten auch, warum Menschen mit mäßigem Alkoholkonsum weniger von Herzinfarkten bedroht sind als Abstinenzler: Die Alkoholzufuhr verstärkt die Aktivität des schützenden ADH2. Die neuen Ergebnisse könnten für Menschen ostasiatischer Abstammung von besonderer Bedeutung sein, da 40 Prozent dieser Bevölkerungsgruppe aufgrund einer Genmutation eine inaktive Form des ALDH2-Enzyms besitzen. In Reagenzglasversuchen konnte Alda-1 auch diese Enzymform aktivieren. Daraus ließen sich neue Behandlungsformen gegen das bei diesen Menschen erhöhte Risiko von Herzkrankheiten entwickeln. Klinische Studien mit Alda-1 gibt es aber bisher noch nicht.

Stanford University
Quelle: "Activation of Aldehyde Dehydrogenase-2 Reduces Ischemic Damage to the Heart", Che-Hong Chen et al.; Science, Vol. 321, p.1493 (2008)


 

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