Warum die Ameise an den Salztopf geht

Im Landesinneren leiden Ameisen unter Salzmangel - so beeinflusst der Salzgehalt der Umwelt das Verbreitungsgebiet der Insekten
Eine Kochsalzlösung (NaCl) lockt Ameisen an, die im Landesinneren leben
Eine Kochsalzlösung (NaCl) lockt Ameisen an, die im Landesinneren leben
© Stephen P. Yanoviak, University of Arkansas at Little Rock
Norman (USA) - Ameisen im Haus finden sich angeblich meist am Zuckertopf. Denn Pflanzen fressende Ameisen nehmen mit Vorliebe Zuckerlösungen auf, um ihren Energiebedarf zu decken. Doch auch Salz ist wichtig: Die Verfügbarkeit von Kochsalz bestimmt neben den Hauptnahrungsquellen das Verbreitungsgebiet der Ameisen, berichten amerikanische Biologen. Demnach herrscht in einem etwa hundert Kilometer breiten Streifen entlang der Küsten kein Mangel an Natriumchlorid in der Umwelt. Aber mit zunehmender Entfernung vom Meer ließen sich Ameisen besser durch salzhaltige Köder anlocken als durch Zuckerwasser. Bisher wurde offenbar unterschätzt, welche Bedeutung Natriumsalz für die Begrenzung des Lebensraums verschiedener Tierarten hat, schreiben die Forscher im Fachjournal "Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)". Die Tiere benötigen die Natriumionen aus dem Salz für verschiedene Körperfunktionen.

"Wir haben gezeigt, dass Salz ein Ökosystem begrenzen kann und dass Mikronährstoffe in manchen Fällen genauso wichtig sein können wie Makronährstoffe", sagt Robert Dudley von der University of California in Berkeley. Zusammen mit Forschern der University of Oklahoma und der University of Arkansas überprüfte er an 17 verschiedenen Standorten in Nord-, Mittel- und Südamerika die Salz- und Zuckervorlieben von Ameisen. Dazu legten die Biologen kleine offene Gefäße aus, die Salz- oder Zuckerlösungen unterschiedlicher Konzentrationen, aufgesogen in einem Wattebausch, enthielten. Dann kontrollierten sie, welche Köder die Ameisen bevorzugt aufsuchten.

Pflanzen fressende Ameisen, die in einer Entfernung von zehn bis hundert Kilometer von der Meeresküste lebten, wurden wesentlich stärker von den Zuckerködern angelockt. Weiter im Landesinneren dagegen zogen die Ameisen eine einprozentige Salzlösung einer zehnprozentigen Zuckerlösung vor. Dieses Verhalten war umso ausgeprägter, je weiter entfernt die Küste war. Räuberische Ameisenarten, die ihren Salzbedarf durch Verzehr von Beutetieren decken können, reagierten generell weniger auf die Salzköder. In Küstennähe steht aufgrund salzhaltiger Niederschläge ausreichend Salz zur Verfügung. Zu dicht am Meer kann der Salzgehalt im Boden für Pflanzen und Insekten sogar toxisch sein. Hingegen wirkt sich der Salzmangel im Landesinnern wahrscheinlich auch auf das Verbreitungsgebiet anderer Pflanzen fressenden Tiere aus. Zusätzlich hängt die Verfügbarkeit von Natriumchlorid natürlich vom Ausmaß der Niederschläge und der Bodenbeschaffenheit ab, so die Forscher. Die an diesem Beispiel nachgewiesene Bedeutung von Salz für ein Ökosystem sei bisher noch kaum untersucht.

Tiere benötigen Natriumionen für die Funktion von Nerven und Muskeln und zur Regulation des Wasserhaushalts. Die Körperflüssigkeiten tierischer Organismen haben einen hundert bis tausendfach höheren Salzgehalt als die Flüssigkeiten von Landpflanzen. Daher ist es für Pflanzenfresser schwierig, ihren Salzbedarf aus der Nahrung zu decken.

PNAS
Quelle: "On the biogeography of salt limitation: A study of ant communities", Michael Kaspari, Stephen P. Yanoviak, Robert Dudley; Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), Online-Vorab-Publikation, www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.0804528105


 

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