Warum Virusinfektionen bei Kindern so häufig sind

Ein Botenstoff unterdrückt die Reifung von Immunzellen, die für die Virenabwehr nötig sind
Modell eines Adenovirus – Erreger von Atemwegs- und Darminfektionen
Modell eines Adenovirus – Erreger von Atemwegs- und Darminfektionen
© Dr. Richard Feldmann, National Cancer Institute (PD-USGov)
Ann Arbor (USA) - Kinder leiden häufiger unter Virusinfektionen als Erwachsene. Das liegt daran, dass in der Kindheit ein Botenstoff die Reifung bestimmter Immunzellen unterdrückt, schließen amerikanische Forscher aus Untersuchungen an Mäusen. Demnach verhindert der Wachstumsfaktor TGF-beta, dass sich im Knochenmark aus Vorläuferzellen funktionsfähige Natürliche Killerzellen (NK-Zellen) entwickeln können. Bei Erwachsenen übernehmen diese Immunzellen die Aufgabe, vireninfizierte Zellen abzutöten und so die Vermehrung der Erreger zu stoppen. Mäuse, deren Knochenmarkszellen nicht mehr auf das TGF-beta-Signal reagierten, produzierten schon wenige Tage nach der Geburt reife NK-Zellen und wehrten Viren erfolgreich ab, berichten die Wissenschaftler im Fachjournal „Nature Immunity“. Noch ist nicht sicher, ob diese Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind.

„Die Entwicklung von Natürlichen Killerzellen und vielen anderen Immunzellen ist in der Kindheit noch nicht abgeschlossen. Unser Ziel war es, zu ermitteln, was die Reifung der NK-Zellen verhindert“, sagt Yasmina Laouar von der University of Michigan in Ann Arbor. Ihr Forscherteam fand bei neugeborenen und zehn Tage alten Mäusen nur Vorläufer dieser Immunzellen im Knochenmark. Erst nach 56 Tagen waren daraus in großer Zahl NK-Zellen entstanden. Genetisch veränderte Mäuse dagegen, deren Zellen keine Bindungsstellen mehr für den Wachstumsfaktor TGF-beta bilden konnten, entwickelten schon im Alter von zehn Tagen reife NK-Zellen. Diese Tiere konnten dadurch bereits lange vor dem Erwachsenwerden Virusinfektionen abwehren. Die Zahl voll entwickelter NK-Zellen war bei den genetisch veränderten erwachsenen Mäusen fünf- bis zehnmal höher als bei normalen Tieren.

Natürlicherweise löst also die ständige Produktion von TGF-beta und dessen Bindung an Rezeptoren der Vorläuferzellen Reaktionen in den Zellen aus, die eine Reifung verhindern. Es wäre daher denkbar, so die Autoren, durch Hemmstoffe die Wirkung des Wachstumsfaktors zu blockieren und damit die Abwehr von Virusinfektionen bei Kleinkindern zu verbessern. Ungeklärt bleibt die Frage, warum bei Mäusen und wahrscheinlich auch bei Menschen ein Botenstoff die Entwicklung nützlicher virenabwehrender Immunzellen in der frühen Lebensphase überhaupt verhindert.

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