Warum Rauchen schlank macht

Forscher identifizieren Signalwege im Hirn, über welche Nikotin den Appetit in Schach hält
New Haven (USA) - Das Rauchen aufzugeben, birgt die Gefahr einer Gewichtszunahme. US-amerikanische Forscher haben nun herausgefunden, wie Nikotin im Detail den Appetit zügelt. Sie konnten in Experimenten mit Mäusen den Signalweg im Gehirn ausmachen, über den die Substanz diese Wirkung entfaltet: Nikotin aktiviert bestimmte im Hypothalamus gelegene Nervenzellen, die dem Körper signalisieren, dass er genug gegessen hat. Ihre umfangreichen Untersuchungen schildern die Wissenschaftler im Fachblatt "Science" (doi 10.1126/science.1201889). Die Entdeckung könnte neue Ansätze für die Entwicklung von Wirkstoffen liefern, die eine Gewichtszunahme verhindern.

"Viele Menschen sagen, sie werden nicht mit dem Rauchen aufhören, weil sie dann zunehmen würden", sagt Marian Picciotto von der Yale University School of Medicine. "Letztendlich würden wir den Leuten gerne helfen, ihr Gewicht zu halten, wenn sie die Gewohnheit aufgeben, und vielleicht auch Nichtrauchern helfen, die mit Übergewicht kämpfen." Auf die Spur des Mechanismus kamen die Forscher als sie an Mäusen einen Wirkstoff gegen Depressionen testeten. Sie beobachteten, dass diejenigen Nager, die das Mittel erhielten, einfach weniger aßen als Artgenossen, die es nicht bekamen. In einer Reihe unterschiedlicher Experimente gingen sie den Ursachen dafür auf den Grund.

Mechanismen, die den Hunger bremsen

Es stellte sich heraus: Die Substanz entfaltet ihre Wirkung über ganz bestimmte Rezeptoren, die auch als eines der Hauptziele von Nikotin bekannt sind. Sowohl dieser Wirkstoff als auch Nikotin aktivieren diese speziellen Rezeptoren und setzen darüber bestimmte Prozesse in Gang. Auf diesem Weg wird einerseits das so genannte Melanocortin-System beeinflusst - ein System von Nervenzellen im Hypothalamus. Diese wichtige Steuerzentrum im Gehirn ist beispielsweise verantwortlich für Schlaf, Verdauung und Körpertemperatur. Andererseits wird über dieselben Rezeptoren auch die Aktivität ganz bestimmter Nervenzellen namens POMC-Neuronen angekurbelt. Von diesen ist bekannt, dass sie eine Rolle beim Entstehen von Übergewicht spielen - deren Aktivierung vermittelt dem Körper über eine Reihe weiterer Mechanismen ein Sättigungsgefühl. Somit konnten die Forscher die Signalwege auf molekularer und synaptischer Ebene ausmachen, die dem durch das Rauchen verringerten Appetit und Gewichtsverlust zugrunde liegen.

Interessant ist dabei vor allem, dass die auf diesem Weg aktivierten Rezeptoren andere sind als jene, die an der Entstehung der Sucht nach Nikotin beteiligt sind. "Dies legt nahe, dass es möglich ist, den appetitzügelnden Effekt zu erlangen, ohne die Belohnungszentren des Hirns anzusprechen", sagt Picciotto. Bisher stammen die Ergebnisse zwar nur aus Versuchen mit Mäusen, aber die Forscher hoffen, dass sie den Weg für neue therapeutische Ansätze ebnen, ohne die Gefahr einer Gewichtszunahme mit dem Rauchen aufhören zu können.

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Quelle: "Nicotine Decreases Food Intake Through Activation of POMC Neurons", Marina R. Picciotto et al.; Science (doi 10.1126/science.1201889)


 

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