Warum Dicke gesund und Schlanke krank sein können

Gen macht schlank und fördert gleichzeitig Herzkrankheiten und Diabetes
Cambridge (Großbritannien) - Schlank zu sein, reduziert nicht immer das Risiko, an Diabetes oder Herzkrankheiten zu erkranken: Ein weltweiter Forscher-Verbund hat ein Gen gefunden, das einerseits mit einem geringen Körperfett-Anteil in Verbindung gebracht wird. Andererseits ist es an der Entstehung von Herzkrankheiten und Diabetes beteiligt. Wie im Wissenschaftsjournal "Nature Genetics" (DOI: 10.1038/ng.866) berichtet wird, kann dies erklären, warum nicht alle schlanken Menschen gesund und nicht alle Übergewichtigen krank sind. Außerdem erwarten die beteiligten Wissenschaftler nützliche Hinweise auf zielgenauere Behandlungen sowie Empfehlungen für einen gesunderen Lebensstil zur Vorbeugung.

Dr Ruth Loos, leitende Forscherin des Projekts vom Medical Research Council (MRC) in Cambridge: "Wir haben eine wahrhaft faszinierende genetische Geschichte aufgedeckt, als wir die unerwarteten Effekte dieses Gens untersuchten." Speziell Männer mit einem bestimmten Typ des Gens hätten einen geringen Körperfett-Anteil, entwickelten aber auch häufig Herzkrankheiten und Typ-2-Diabetes. Loos weiter: "Es sind nicht nur übergewichtige Menschen, die empfänglich für diese Leiden sind." Und schlanke Individuen sollten nicht von vornherein annehmen, dass sie nur aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes gesund seien.

Gene von über 76.000 Menschen untersucht

Das Forschungs-Konsortium nutzte die Daten aus 26 Studien, an denen Wissenschaftler aus 72 Institutionen in zehn Ländern beteiligt waren. Dabei wurden die Erbanlagen von über 76.000 Menschen untersucht - eigentlich mit dem Ziel, Gene zu finden, die den Anteil von Körperfett beeinflussen. Tatsächlich identifizierten die Wissenschaftler dabei die Variante eines Gens (IRS1), die mit einem geringeren Gehalt an Körperfett assoziiert ist - speziell im Unterhautfettgewebe. Aber genau diese Variante war bereits in vorhergehenden Untersuchungen mit einem erhöhten Risiko für Type-2-Diabetes und Herzkrankheiten in Zusammenhang gebracht worden.

Die Studienautoren gehen davon aus, dass Menschen mit dieser Genvariante weniger fähig sind, das Fett "sicher" unter der Haut zu deponieren, sondern stattdessen an anderen Stellen im Körper ablagern. Und dort stört es die normalen Organfunktionen. Loos: "Genetische Varianten bestimmen nicht nur die Gesamtmenge, sondern auch die Art des Fetts im Körper. Wir wissen es noch nicht ganz sicher, nehmen aber an, dass diese Menschen das Fett an anderen Stellen einlagern, etwa in der Leber oder den Muskeln."

Auffällig auch, dass die Einflüsse des Gens bei Männern deutlicher waren als bei Frauen. Das könnte nach Aussage von Loos daran liegen, dass die Körperfett-Verteilung bei den Geschlechtern unterschiedlich ist: Männer speichern natürlicherweise weniger Fett als Frauen. Daher könnten sie empfänglicher für Änderungen in der Verteilung sein. Loos abschließend: "Wir dürfen bei all dem allerdings nicht vergessen, dass Gene uns zwar für bestimmte Krankheiten empfänglich machen. Aber unser Essverhalten und körperliche Bewegung spielen für unsere Gesundheit ebenfalls eine große Rolle."

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Quelle: "Genetic variation near IRS1 associates with reduced adiposity and an impaired metabolic profile", Tuomas O Kilpeläinen et al.; Nature Genetics, Online-Publikation, doi: 10.1038/ng.866


 

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