Wann kommt der Superakku?

Mehrere Forschergruppen arbeiten an rasant ladenden Akkus – doch manche Ergebnisse lassen wichtige Fragen offen
Neuer Stromspeicher: Dieser biegsame Superkondensator aus einer Kohlenstoff-Faser speichert schnell relativ viel Strom
Neuer Stromspeicher: Dieser biegsame Superkondensator aus einer Kohlenstoff-Faser speichert schnell relativ viel Strom
© Nanyang Technological University, Singapore
Tel Aviv (Israel)/Singapur - Wer wünscht sich für sein Smartphone nicht einen Akku, der sich in einer knappen Minute auflädt? Genau dieses Ziel verfolgen mehrere Forschergruppen weltweit. Aktuell berichten gleich zwei Gruppen - ein Start-Up in Israel und eine Universität in Singapur - über viel versprechende Ergebnisse, die in diese Zukunft weisen. Doch nicht immer verraten sie, wie ihre Prototypen funktionieren.

So veröffentlichte das israelische Unternehmen Store-Dot in Tel Aviv ein Video, in dem ein noch etwas überdimensionierter Akku eines Smartphones in weniger als einer Minute volle Ladekapazität erreicht. Möglich sei dies durch neuartige Elektroden, die winzige Quantenpunkte aus organischen Peptidmolekülen enthielten. Doch über alle weiteren Details, sowohl zum Aufbau als auch über relevante Leistungszahlen, hüllt sich das Unternehmen in Schweigen. Zur einer gesunden Skepsis gegenüber solchen Verkündigungen rät Batterieexperte Axel Thielmann vom Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe. Besonders wenn wesentliche Daten fehlen, um ein viel versprechendes Experiment wiederholen zu können.

Dennoch lässt sich nicht ausschließen, dass das Unternehmen Store-Dot tatsächlich das Geheimnis um einen schnellladenen Akku gelüftet hat. So müssen Stromspeicher, die sich rasant aufladen lassen, keine unerreichbare Zukunftsvision bleiben. Doch belastbarer als die Ankündigungen von Store-Dot ist ein Artikel im Fachblatt „Nature Nanotechnology". Darin beschreiben Forscher von der Nanyang Technological University in Singapur einen sogenannten Superkondensator, der in Zukunft Lithium-Ionen-Akkus ersetzen könnte. Der Vorteil: Dank neuer Materialien könnten solche Superkondensatoren schneller vergleichbare Strommengen speichern als Batterien, in denen elektrochemische Prozesse beim Laden und Entladen ablaufen.

Die Grundlage dafür sind Substanzen, die eine große aktive Oberfläche aufweisen. Diese findet man etwa bei extrem dünnen Kohlenstoffschichten aus Graphen, dass sich binnen weniger Jahre zu einem viel versprechender Werkstoff für leistungsfähige Superkondensatoren entwickelt hat. So entstanden schon zahlreiche Prototypen, die wie erwartet hohe Kapazitätswerte und eine gute Stabilität zeigten. Zudem ließen sich diese Superkondensatoren tatsächlich binnen weniger Minuten aufladen. Allein die Energiedichte blieb bisher zu gering, um mit Lithium-Ionen-Akkus konkurrieren zu können. Genau diese Hürde konnten die Wissenschaftler aus Singapur überwinden.

„Mit höherer Leistungsdichte und längerer Lebenszeit sind Mikro-Superkondensatoren eine viel versprechende Alternative zu herkömmlichen Akkus“, sagt Forscher Yuan Chen. Zusammen mit seinen Kollegen entwickelte er eine flexible und zugleich stabile Kohlenstofffaser, die auch bei der Energiedichte mit Lithium-Ionen-Akkus mithalten kann. Dazu mischten die Forscher Flocken aus Graphenoxid mit einwandigen Nanoröhrchen aus Kohlenstoff. Zu einer Suspension auf Wasserbasis fügten sie das Lösungsmittel Ethylendiamin hinzu. Diese Suspension leiteten Chen und Kollegen durch eine Kapillare aus Siliziumoxid und heizten das Materialgemisch für sechs Stunden auf 220 Grad Celsius auf. Dabei ordneten sich die Kohlenstoffpartikel selbstständig zu einer filigranen, dreidimensionalen Struktur an. Es entstand eine etwa 50 Mikrometer dicke Faser, die getrocknet eine sehr hohe Ladekapazität aufwies. Ergänzt mit einem Elektrolyten aus Polyvinylalkohol und Phosphorsäure ließen sich winzige Superkondensatoren fertigen.

Testmessungen belegten, dass diese Superkondensatoren wegen ihrer großen aktiven Oberfläche von bis zu 400 Quadratmeter pro Gramm elektrischen Strom effizient speichern konnten. Mit knapp 6,3 Milliwattstunden pro Kubikzentimeter erreichten erste Prototypen ähnliche Energiedichten wie herkömmliche Dünnschicht-Lithium-Ionen-Akkus. „Das ist ein wichtiger Fortschritt, um die Energielücke zwischen Superkondensator und Mikrobatterien schließen zu können“, sagt Yuan Chen. Zusätzlich zeigten diese Stromspeicher - wie für Superkondensatoren üblich - eine extrem hohe Leistungsdichte von über einem Watt pro Kubikzentimeter und damit zwei Größenordnungen höher als bei Lithium-Ionen-Akkus. Energie- und Leistungsdichte blieben auch nach 10.000 Ladezyklen erhalten. Selbst tausendfaches Verbiegen der flexiblen und dennoch stabilen Fasern hatte kaum Einfluss auf die herausragenden Eigenschaften.

Eine einzelne Superkondensator-Faser konnte jedoch nur sehr kleine Strommengen zur Verfügung stellen. So verknüpften die Forscher mehrere Kondensatorfasern sowohl in Serien- als auch in Reihenschaltung und versorgten mit diesen Prototypen testweise einzelne Leuchtdioden mit Strom. Auch den Weg zur Massenprodukten dieser Kondensatorfasern halten sie für möglich und demonstrierten erfolgreich die Produktion einer 50 Meter langen Faser innerhalb von 48 Stunden.

Solche Versuche belegen, dass Superkondensatoren auf Graphenbasis bald zu neuartigen Stromspeichern alternativ zu Lithium-Ionen-Akkus führen könnten. Wegen ihrer Flexibilität ließen sie sich leicht in Textilien integrieren. Verlockend ist vor allem das schnelle Aufladen binnen weniger Minuten. In weiteren Schritten müssten die Forscher größere Module mit dutzenden, wenn nicht hunderten Kondensatorfasern entwickeln, um die Ladekapazitäten von herkömmlichen Akkus zu erreichen. Zuerst würde der Einsatz für mobile Elektronik – vom Sensor über Smartphones bis zum Laptop – im Fokus stehen. Später könnten dann auch größere Stromspeicher etwa für Elektroautos entstehen. Die kommenden Jahre werden entscheiden, um findige, aber schweigsame Start-Ups wie Store-Dot beim Wettrennen um den Superakku die Nase vor haben. Oder vielleicht doch Forschergruppen, die offen ihre Ergebnisse zur Diskussion stellen.

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