Vorbild Insekt: Künstliches Facettenauge mit unendlicher Tiefenschärfe
„Diese Systeme sehen wir wegen der deutlich verschiedenen Design- und Funktionsprinzipien als Ergänzung zu konventionellen Digitalkameras“, sagt John A. Rogers von der University of Illinois in Urbana-Champaign. Denn Facettenaugen kommen ohne fokussierende Linsen aus, reagieren dadurch schneller und blicken über einen weiten Halbraum von bis zu 180 Grad. Für den von Insekten inspirierten Nachbau setzten Rogers und Kollegen 180 Mikrolinsen aus einem transparenten Kunststoff auf eine biegsame Silikonunterlage. Hinter jeder Linse konnten sie eine lichtempfindliche Photodiode genau platzieren. Verbunden über flexible, elektrische Kontakte ließ sich das Areal mit den Photodioden in einem Halbraum hinter den Mikrolinsen anordnen ohne eine Unterbrechung der elektrischen Verbindungen zu riskieren.
Testaufnahmen mit dem etwa einen Zentimeter kleinen Facettenauge aus der Retorte zeigten, dass die Lichtsensoren sehr schnell Objekte und deren Bewegungen über einen weiten Blickwinkel von 160 Grad erkennen konnten. Aus allen Signalen zusammen ließen sich – unterstützt von einem Rechner – gute Aufnahmen etwa von geometrischen Figuren gewinnen. Die Auflösung dieser Bilder hielt sich mit den Daten der knapp 200 Photodioden zwar noch in Grenzen und erreichte nur die Sichtqualität von Feuerameisen, deren Facettenaugen aus wenigen hundert Einzelaugen, sogenannten Ommatidien, bestehen. Doch mit einer Verbesserung des Fertigungsverfahrens halten Rogers und Kollegen eine weitere Steigerung auf tausende Einzelaugen für möglich. In der Natur verfügen beispielsweise Libellen über Facettenaugen mit bis zu 28.000 Ommatidien.
Da diese Facettenkameras keine beweglichen Linsen zum Fokussieren benötigen, liegt eine Anwendung in den Köpfen von Endoskopen für medizinische Diagnosen nahe. Möglich wäre auch der Einbau etwa in kleinen Flugrobotern, die für Umweltanalysen oder auch als Minidrohnen für militärische Erkundungen eingesetzt werden könnten.