Vorbehandlung verbessert Chemotherapie von aggressiven Hirntumoren

Zusätzlich verabreichter neuer Wirkstoff bremst die Ausbreitung des Glioblastoms bei Ratten und erhöht damit den Behandlungserfolg
Nach einer Behandlung mit Imipraminblau (rechts) dringen weniger Glioblastomzellen (grün) in gesundes Gewebe (rot) ein als ohne diese Behandlung (links).
Nach einer Behandlung mit Imipraminblau (rechts) dringen weniger Glioblastomzellen (grün) in gesundes Gewebe (rot) ein als ohne diese Behandlung (links).
© Georgia Tech/Jennifer Munson
Atlanta (USA) - Der bei Erwachsenen häufigste Hirntumor, das Glioblastom, lässt sich nur schwer behandeln, da er schnell in gesundes Gewebe eindringt. In Experimenten mit Ratten ist es nun gelungen, die Ausbreitung des Tumors durch Einsatz eines neuen Wirkstoffs aufzuhalten, berichten amerikanische Mediziner. Eine solche Vorbehandlung verstärkte die Wirksamkeit einer anschließenden Chemotherapie und verlängerte die Lebensdauer der Tiere beträchtlich, schreiben die Forscher im Fachjournal „Science Translational Medicine”. Ob diese neuartige Kombinationstherapie auch bei anderen Krebsarten einsetzbar ist, sollen weitere Tierversuche zeigen.

„Imipraminblau stoppt einfach die Beweglichkeit von Krebszellen und begrenzt dadurch die Ausbreitung eines Tumors, so dass die Chemotherapie ihre Aufgabe besser erledigen kann“, sagt Ravi Bellamkonda vom Georgia Institute of Technology in Atlanta. Imipraminblau wurde von Jack Arber, einem Mitglied des Forscherteams, entwickelt. Es zählt wie Kristallviolett, das auch medizinisch genutzt wird, zu den Triphenylmethanfarbstoffen. In Experimenten mit Zellkulturen konnten die Wissenschaftler zunächst nachweisen, dass die Substanz eine anti-invasive Wirkung auf Glioblastomzellen hat. Sie stört Aufbau und Funktion der Aktinfäden des Zellskeletts. Diese Strukturen sind für eine Fortbewegung der Krebszellen nötig.

Für ihre Tierversuche arbeiteten die Forscher mit Ratten, die dem menschlichen Glioblastom vergleichbare Hirntumoren bildeten. Sie injizierten den Tieren winzig kleine Fettkügelchen, sogenannten Liposomen, in denen der neue Wirkstoff eingeschlossen war. In dieser Form gelangt das Medikament durch die porösen Wände der Blutgefäße von Tumoren in das Krebsgewebe. Normale Blutgefäßwände können sie nicht passieren, so dass gesundes Gewebe nicht geschädigt wird. Nach der Vorbehandlung mit solchen Liposomen nahm der Tumor eine kompaktere Form an. Das anschließend eingesetzte Krebsmittel Doxorubicin, das ebenfalls mit Hilfe von Liposomen verabreicht wurde, zeigte dadurch einen stärkeren Effekt: Die Tiere überlebten 200 Tage, ohne dass die Masse des Tumors zunahm. Ohne die Vorbehandlung betrug die mittlere Überlebensrate nur 44 Tage. Ohne Doxorubicin lebten nur wenige Ratten länger als 19 Tage.

Die Forscher wollen nun prüfen, ob die Kombinationstherapie auch bei Prostata- oder Brusttumoren wirksam ist. Möglicherweise, so Bellamkonda, könnte eine Vorbehandlung mit Imipraminblau verschiedene Arten von Tumoren leichter therapierbar machen und den klinischen Erfolg von Chemotherapien generell verbessern. Zurzeit sterben die meisten Patienten mit einem Glioblastom innerhalb von zwei Jahren nach der Diagnose.

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Quelle: „Anti-Invasive Adjuvant Therapy with Imipramine Blue Enhances Chemotherapeutic Efficacy Against Glioma”, Jennifer M. Munson et al.; Science Translational Medicine, Vol. 4, 127ra36


 

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