Vorausschauende Vogelmütter: Mehr Jungs in schlechten Zeiten

Je nach Ernährungslage beeinflussen australische Prachtfinken das Geschlecht des Nachwuchses
Dreifarben-Papageienamadinen-Weibchen bringen bei schlechter Ernährungslage mehr Männchen hervor.
Dreifarben-Papageienamadinen-Weibchen bringen bei schlechter Ernährungslage mehr Männchen hervor.
© Sarah Pryke
Sydney (Australien) - Vogelmütter können das Geschlechterverhältnis ihres Nachwuchses beeinflussen. Sie passen es den zu erwartenden Bedingungen für die Aufzucht ihrer Jungen an: Bei schlechteren Aussichten bekommen sie mehr männliche Küken als weibliche. Diese haben unter schwierigen Bedingungen bessere Überlebenschancen als ihre Schwestern. Es ist bekannt, dass viele Tiere Einfluss auf das Verhältnis des Geschlechts des Nachwuchses nehmen können. Bisherige Studien ließen allerdings offen, ob der beobachtete Zusammenhang tatsächlich eine Reaktion auf die Qualität der aktuellen Umweltbedingungen ist oder auf den körperlichen Zustand der Elterntiere zurückzuführen ist. Nun konnten australische Biologen bei einer australischen Prachtfinken-Art beobachten, dass das leibliche Befinden der Mutter dabei keine Rolle zu spielen scheint. Bereits die vorhandenen Ernährungsumstände üben einen Einfluss auf die Produktion der Eizellen aus, berichten sie im Fachblatt „Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences”.

„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Mütter das Geschlechterverhältnis ihres Nachwuchses anpassen, um ihren Nachwuchs der erwarteten Qualität der Aufzucht-Umgebung anzugleichen“, schreiben Sarah Pryke von der Macquarie University in Sydney und ihr Kollege Lee A. Rollins. Die Biologen hatten insgesamt 56 weibliche Dreifarben-Papageienamadinen (Erythrura trichroa) unter zwei unterschiedlichen Bedingungen brüten lassen. Junge, ausgewachsene Vogelweibchen erhielten entweder eine reichhaltige oder eine karge Kost, bevor sie sich erstmals mit einem Männchen paaren und Nachwuchs bekommen durften. Vor der darauf folgenden, zweiten Paarung wurden sie dann jeweils mit der anderen Verköstigung versorgt. Die Forscher untersuchten unter anderem jeweils das körperliche Befinden der Elterntiere, das Geschlechterverhältnis der Küken und deren Überlebenschancen.

Sie stellten fest: Die Kondition der Weibchen litt keineswegs unter schlechter Ernährung. Weder das Körpergewicht noch bestimmte Blutwerte oder Immunfunktionen betreffend, fand sich ein Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Doch während bei reichhaltiger Kost das Verhältnis von Söhnen und Töchtern ausgeglichen war, brachten die Weibchen bei minderwertiger Kost deutlich mehr männliche Küken hervor. Bei Säugetieren wie dem Menschen besitzt das Erbgut der Männchen – mit X- und Y-Chromosom – die beiden unterschiedlichen geschlechtsbestimmenden Erbinformationen und steuert damit das Geschlecht des Nachwuchses. Bei Vögeln dagegen ist es umgekehrt: Männchen besitzen zwei Z-Chromosomen und die Weibchen sind das sogenannte hemizygote Geschlecht, die Träger der unterschiedlichen Geschlechts-Chromosomen – W und Z. Daher sind Vogelweibchen prinzipiell in der Lage, das Geschlecht ihres Nachwuchses zu beeinflussen, indem sie mehr Z-Eizellen produzieren, aus denen männliche Kücken hervorgehen. Und genau das tun sie bei schlechten Aussichten für die Aufzucht. Sie bringen mehr männliche Küken hervor, die dann bessere Überlebensaussichten haben.

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