Von Elfenbein und Atombombentests

Bei der Altersbestimmung von Elefantenzähnen hilft das Verhältnis unterschiedlicher Kohlenstoffvarianten und verrät so, ob ein Stück Elfenbein illegalen Ursprungs ist
Aus Stoßzähnen wie diesen wird immer noch Elfenbein gewonnen.
Aus Stoßzähnen wie diesen wird immer noch Elfenbein gewonnen.
© Thure Cerling, University of Utah
Salt Lake City (USA) - Die Atombombentests in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts haben tatsächlich eine überraschend positive Folge: Dank der damals in großen Mengen freigesetzten radioaktiven Strahlung können Forscher heute bestimmen, ob ein Stück Elfenbein legalen Ursprungs ist oder von einem durch Wilderei getöteten Elefanten stammt. Anhand des Verhältnis’ bestimmter in dem wertvollen Material enthaltenen Kohlenstoffisotope lässt sich nämlich recht exakt sagen, wann der Elefant gestorben ist – und damit auch, ob vor oder nach dem vor rund 25 Jahren ausgesprochenen internationalen Verbot der Jagd auf das weiße Gold. Ihre Methode, mit der nun endlich eine Möglichkeit des handfesten Beweises für illegales Elfenbein existiert, präsentieren die Wissenschaftler im Fachblatt „Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)“.

„Mit einem akkuraten Alter des Elfenbeins können wir verifizieren, ob ein Handel legal ist oder nicht”, erläutert Kevin T. Uno, mittlerweile tätig am Columbia University's Lamont-Doherty Earth Observatory. Ein Abgleich mit bereits bestehenden DNA-Datenbanken erlaubt zudem eine Aussage über die geografische Herkunft des Elfenbeins, etwa ob es aus Afrika oder Asien stammt. „Aktuell werden 30.000 Elefanten jährlich wegen ihrer Stoßzähne abgeschlachtet“, so Uno. Es sei daher absolut notwendig, das internationale Handelsverbot zu stärken und die Nachfrage zu reduzieren.

Internationale Abkommen verbieten den Handel von Elfenbein asiatischer Elefanten nach 1975, den von Elfenbein afrikanischer Elefanten nach 1989. Ist es aber älter als dieses Verbot, ist der Handel legal. Trotzdem werden nach wie vor jährlich Tonnen illegalen Elfenbeins gehandelt; Händler behaupten schlicht, es stamme aus Zeiten vor dem Verbot. Und die Nachfrage ist laut eines aktuellen Berichtes der Convention on International Trade in Endangered Species (CITES) heutzutage so groß wie nie. 2011 wurde mit weltweit 39.000 Kilogramm beschlagnahmtem illegalen Elfenbeins ein neuer Rekord erreicht. Hauptabnehmer ist mit rund 70 Prozent der chinesische Markt, gefolgt von den USA.

„Wir haben ein Werkzeug entwickelt, das es uns erlaubt, das Alter eines Stoßzahns oder Stücks Elfenbeins zu bestimmen“, sagt Uno, der zurzeit der Studie noch an der University of Utha gearbeitet hat. Die Methode zur Altersbestimmung sei für Regierungen und Gesetzeshüter durchaus kostengünstig und könne helfen, Wilderei und illegalem Handel Grenzen zu setzen, hoffen die Forscher. Sie nutzen für ihre Technik aus, dass mit den von 1952 bis 1962 in Nevada und Sibirien durchgeführten oberirdischen Nuklearwaffentests große Mengen an Radioaktivität freigesetzt wurden. Dadurch entstanden auch große Mengen des Kohlenstoffisotops C14, das wiederum von Pflanzen und Tieren aufgenommen wurde. Es gelangt so in Haare und Fingernägel ebenso wie in Zähne und Stoßzähne. Mit Hilfe sogenannter Beschleuniger-Massenspektrometrie lässt sich in einer Probe pflanzlichen oder tierischen Materials das Verhältnis von gewöhnlichem C12-Kohlenstoff zum radioaktivem Kohlenstoffisotop C14 ermitteln. Da die Menge des radioaktiven Isotops mit der Zeit nachlässt und sich Stoßzähne Schicht für Schicht aufbauen, entsteht auch ein charakteristisches Muster dieses Verhältnisses.

Dass dieses Verhältnis die Bestimmung des Alters einer Probe erlaubt, konnten Uno und seine Kollegen anhand einer Vielzahl von Proben feststellen, die zwischen 1905 und 2008 zu bekannten Zeitpunkten in Ost-Afrika gesammelt worden waren. Zum Teil stammten diese aus Museen. Darunter befanden sich auch Elfenbeinproben eines im Jahr 2006 in Kenia eines natürlichen Todes verstorbenen Elfanten namens Amina und eines Elefanten namens Misha, der 2008 in einem US-Zoo eingeschläfert werden musste. Außerdem standen den Forschern andere Proben wie beispielsweise Affen- und Elefantenhaare, Flusspferdzähne sowie Oryxhorn zur Verfügung.

In den ältesten Proben zwischen 1905 und 1953 fand sich kaum C14, da diese Pflanzen und Tiere verstorben waren, bevor die überirdischen Atomwaffentests begannen. Der Test kann somit Elfenbein, das vor dieser Zeit entstand, anhand dieses niedrigen C14-Gehalts sicher identifizieren. Nach 1955 eignet sich die Methode, um auf ein Jahr genau zu bestimmen, wann der Elefant verstarb, von dem das Elfenbein stammt. Erst für Tiere, die kürzlich, zwischen 2010 und 2013, gestorben sind, lässt die Genauigkeit nach.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: „Bomb-curve radiocarbon measurement of recent biologic tissues and applications to wildlife forensics and stable isotope (paleo)ecology”, Kevin T. Uno et al.; PNAS, http://www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1302226110


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg